Seite - 156 - in Des Kaisers Leibarzt auf Reisen - Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832
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war in seinen Ausführungen knapp, und danach wollen auch wir uns richten.
Nur zu der von Raimann genannten „Einfassung der einzigen Quelle in Pola,
etwa 100 Schritte von der Arena gegen die Stadt hin an der Straße rechts
gelegen“, sei noch angemerkt, dass (allen verbannten Kolchern zum Trotz)
von dieser Quelle wohl der Name der Stadt abgeleitet sein dürfte, denn
„wahrscheinlich rührt er jedoch von dem illyrischen Wort für ‚Quelle‘ her.
Eine starke Süßwasserquelle befand sich in der Nähe des Amphitheaters.“201
Die Einwohner von Pola hatten die eponyme Bedeutung der Quelle scheints
schon lange vergessen, denn Raimann fand sie offensichtlich verschmutzt
vor. Franz I. aber, der auch erste archäologische Ausgrabungen in Pola ver-
anlasste,202 machte diesem Missstand ein Ende, wie sein Leibarzt berichtet:
„Se Maj. befahlen diese Quellen gehörig zu reinigen u zu decken, und geru-
heten somit für ein Bedürfniß der nur Cisternen-Wasser gebrauchenden
Einwohner als auch der Schiffe väterliche Fürsorge zu treffen.“ Die Einwoh-
ner Polas werden es ihrem Kaiser gedankt haben, dass sie nun mit frischem
Quellwasser versorgt waren, war doch das „Cisternenwasser nicht nur, wie
überall in Istrien, matt und fade, sondern auch von allerley mit freyem Auge
sichtbaren Thieren verunreinigt“, sodass es, um es zu säubern, durch Lein-
wand geseiht werden musste. Mit der Fürsorge des Kaisers für die Wasser-
versorgung der Schiffe aber spricht Raimann ein Thema an, das die Zukunft
Polas maßgeblich bestimmen sollte: Pola sollte im 19. Jahrhundert zum
Haupthafen der österreichischen Kriegsmarine aufsteigen und so erneut zu
großer Bedeutung gelangen; in Parallele zu der am Tyrrhenischen Meer ge-
legenen italienischen Flottenbasis La Spezia wurde Pola das „La Spezia der
Adria“ genannt.203 Dass der Hafen Polas für einen Flottenstützpunkt bestens
geeignet war, erkannte auch Raimann: „Der Haaven von Pola ist ist äußerst
geräumig, von zum Theile vertheidigungsfähigen u mit Geschütze versehe-
nen Inseln, u von einem Zuge des langen Promontorio eingeschloßen, sehr
ruhig und daher im hohen Grade sicher.“ Vielleicht hätte der Rückblick auf
die große Geschichte Polas und der Blick auf seine „dermalige Nichtigkeit“
Raimann nicht so nachdenklich gestimmt, wenn er gewusst hätte, dass Pola
in doch recht naher Zukunft der bedeutendste Kriegshafen der Habsburger-
Monarchie werden sollte, und dass, allen Wechselfällen des 20. Jahrhunderts
tion der Lektüre dieses Museumsführers mit einem Besuch des Archäologischen Muse-
ums in Pola wäre ein äußerst empfehlenswertes Unterfangen.
201 Brodersen, Antike Stätten am Mittelmeer, S. 233.
202 Vgl. Brodersen, Antike Stätten am Mittelmeer, S. 234.
203 Zürcher, Friaul und Istrien, S. 417.
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832