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senbahntrasse Kontinentaleuropas als Spazier- und Wanderweg, an dem
noch zahlreiche Zeugen früher Industriearchitektur zu bewundern sind“; der
einzige erhalten gebliebene Personenwagen der Linz-Budweiser Bahn, Han-
nibal genannt, kann im Wiener Technischen Museum bestaunt werden;277
und die ehemalige Bahnstation Kerschbaum, nördlich von Freistadt gelegen,
beherbergt ein Pferdebahnmuseum, das seinen Besuchern während des
Sommers auch Pferdebahn-Fahrten anbietet.278
In den Genuss einer solchen Fahrt kam auch Raimann; er absolvierte am 22.
Juli 1832, also am Tag nach der Eröffnung der Bahn, in Gesellschaft eines
gewissen Protomedikus von Streinz, weiters des Reise-Rechnungsführers
Scharff (der in dieser Eisenbahnfahrt wohl die einzige Etappe der Reise ge-
nießen konnte, da er nicht mit Ritt-, Wart,- Trink- und Schmiergeldern kal-
kulieren musste), des Hof-Kontrollamts-Adjunkten Latour von Thurmburg,
des Hofjagd-Wundarztes Kammerlacher und des Kammermädchens Fischer
eine Probefahrt mit der Pferdeeisenbahn. Diese Fahrt wurde in Anwesenheit
„des den Bau leitenden Hrn“ durchgeführt – Raimann nennt hier keinen Na-
men, es war aber wohl Matthias Schönerer gemeint. Über diese Fahrt berich-
tet Raimann: „In 2 offenen Wägen ohne Federn machten wir eine Strecke
von mehr als einer Postmeile hin und eben so viel zurück binnen einer Stun-
de; die Fahrt selbst über mäßige Berge gieng sonach leicht und schleunig; sie
ist aber, da Eisen über Eisen rollt, mit bedeutendem Getöse verbunden, und
erschüttert nicht sanft, weil die Wägen nicht in Federn hängen.“ Die Ge-
schwindigkeit der Pferdeeisenbahn hat Raimann also durchaus beeinruckt,
wenn er auch vom geringen Komfort der Wägen gar nicht angetan war. Die
über schlechte Straßen rumpelnden Postkutschen waren wenigstens anstän-
dig gefedert, und die lauten Fahrgeräusche, die die auf den Schienen laufen-
den Räder verursachten, war Raimann von den Pferdekutschen auch nicht
gewohnt. Raimann war eben mit den Reisegewohnheiten der vorindustriellen
Zeit vertraut, mit dem im 18. und frühen 19. Jahrhundert stetig ausgebauten
Postsystem also.279 Auch Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832
wurde, wie bereits weiter oben dargelegt, nach den Maßgaben des Postreise-
systems organisiert und durchgeführt. Was aber Raimann in Linz bei der
277 Einfalt, Linz – Donau, S. 49.
278 Einfalt, Linz – Donau, S. 193.
279 Zur Geschichte des Wegenetzes und Postsystems in der Zeit vor den Eisenbahnen sei
hier nochmals auf Helmedach, Das Verkehrssystem als Modernisierungsfaktor, verwie-
sen.
Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832