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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
Seite - 29 -
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29 Fischer Kunst nach Ordnung, Auswahl und System Die nach dem Pendantsystem entwickelten barocken Bilderwände bildeten den idealen Ausgangspunkt zum vergleichenden Sehen. Der Blick des Betrachters richtet sich zunächst auf das zentrale Bild der Wand und wird davon ausgehend auf das linke und rechte Gemäl- de geführt. Wenn solcherart zunächst die mittlere Gemäldegruppe und dann die angren- zenden Gruppen erfasst werden, wird nach und nach die ganze Bilderwand einem gesteu- erten, vergleichenden Sehen unterworfen. Mit dem gelenkten Hin und Her der Blickfüh- rung, der „Lektüreanweisung“ (Thürlemann),18 werden nicht nur die Gemälde gezielt und methodisch in Beziehung gebracht und miteinander verglichen, sondern auch gewisse Sinnbezüge zwischen ihnen hergestellt und bestimmte Bilddiskurse veranschaulicht. Die Forderung nach einer Verbesserung der Systematik und Präsentation in der kaiser- lichen Galerie, die der Kritik von 1763 implizit war, war auf eine ,Logik‘ in der Wand- abwicklung ausgerichtet, die das in der Theorie ausgearbeitete, kennerschaftliche Wissen der Malerei zu entfalten vermochte. Der Vergleich zwischen den Gemälden an der Wand sollte die besonderen Stilkategorien unterscheidbar machen und kunstimmanente Frage- stellungen differenzieren. Nicht zuletzt machte für Wien auch die Gegenüberstellung mit anderen königlichen oder fürstlichen Sammlungen die Ordnungsfrage relevant. In der königlichen Galerie von Paris (Palais de Luxembourg),19 der Galerie Augusts III. in Dresden20 und der kurfürstlichen Galerie in Düsseldorf21 hatten bereits um die Mitte des 18. Jahrhunderts kennerschaftliche Kriterien Eingang in die Hängung gefunden. Ab 1750 im Palais de Luxembourg, ab 1747 in Dresden und 1756 in Düsseldorf waren die Gemälde in kunstwissenschaftlicher Syste- matik an den Wänden arrangiert worden. Dass zur gleichen Zeit in der Aufstellung der kai- serlichen Galerie in Wien eine Vermittlung kennerschaftlichen Wissens gar nicht veran- schlagt und die Hängung der Gemälde hauptsächlich eine auf das höfische Zeremoniell zugeschnittene Bestandsaufnahme war, wurde als nicht mehr zeitgemäß empfunden. Die Einschätzung der Galeriesituation von 1763, die die Auswahl wie die Hängung der Gemälde in der kaiserlichen Galerie in Wien als längst überholt betrachtet hat, lässt sich aus jenem ästhetisch-kulturellen Paradigmenwechsel erklären, der nach der Mitte des 18. Jahrhunderts die traditionellen Sammlungen in neue Galeriekonzeptionen überführt hat, die nicht mehr unter dem Aspekt höfischer Repräsentation, sondern der Vermittlung ,kunsthistorischen‘ Wissens ausgearbeitet wurden. Entwurf zur Ordnung und Organisation der kaiserlichen Gemäldegalerie 1765 Auch das kürzlich aufgefundene, anonyme und mit 1765 datierbare Programm zur Reorga- nisation der kaiserlichen Gemäldegalerie ist in Zusammenhang mit der Unzufriedenheit mit dem Status quo der kaiserlichen Galerie zu betrachten.22 Im Zentrum des Interesses dieses in neun Punkten abgefassten Programms stand die Aufrichtung eines Inventars der im- mensen kaiserlichen Gemäldebestände, die aus über Jahrhunderte betriebenen Sammel- interessen der habsburgischen Familie resultierten.23 Unter den Vorschlägen, die im Programm dargelegt werden, verweist schon der zwei- te von neun Punkten auf die grundlegende Intention: Es würden nur die „besten“ Gemäl- de dem Anspruch einer kaiserlichen Galerie genügen. In Folge der Inventarisierung, wo- durch erstmals ein Überblick des habsburgischen Kunstbesitzes geschaffen werden sollte, wäre der gesamte Gemäldebestand in vier Qualitätsstufen – die besten, guten, mittelmä- ßigen und schlechten Bilder – einzuteilen. Nur die Spitzenwerke sollten in der kaiserlichen Galerie zur Aufstellung kommen, während jene der letzteren drei Kategorien auf die ande- ren habsburgischen Residenzen verteilt werden könnten.24 Die Voraussetzung für eine Neuverteilung der Gemälde war eine gründliche Erfassung des Gemäldebestands, dem mit den Anweisungen zur sachkundigen Inventarisierung der Gemälde entsprochen wurde: Es sei notwendig, die an einen Ort gebrachten Gemälde zur
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
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Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
Band
1
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
312
Kategorie
Kunst und Kultur
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