Seite - 38 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
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Fischer
Kunst nach Ordnung, Auswahl und System
konstruieren, wenngleich es einen Hinweis gibt, dass Joseph Rosa bereits für die Stallburg-
galerie eine Hängung nach Malerschulen entwickelte. Nachträglich, 1787, verfasste der
Oberstkämmerer Franz Xaver Fürst Rosenberg einen Gesamtüberblick über die bis dahin
erfolgten Geschehnisse in der Galerie. Für das Jahr 1772 notierte er, dass „der vorhin am
Chursächsischen Hof in Dienste angestellte Professor und Hofmaler Joseph Rosa mit dem
Auftrag als Direktor ernannt [wurde], die vorhandenen Gemählde zu untersuchen, und sie
gehörig nach den Schulen einzutheilen […].“54 Aber auch wenn der späteren Erinnerung
zufolge schon die erste Hängung Rosas in der Stallburg mit der Absicht verfolgt worden
war, die Gemälde nach Schulen einzuteilen, bleibt in Anbetracht der Tatsache, dass erst
eine Konzentration auf Gemälde, die Sondierung der kaiserlichen Bestände nach hoch-
wertigen Werken und zahlreiche Restaurierungen vorgenommen werden mussten, zu ver-
muten, dass ein Schulkonzept erst in der folgenden Aufstellung im Oberen Belvedere zur
Verwirklichung kam.
Was hingegen bleibt: Die von Joseph Rosa durchgeführte Spezialisierung zur ausschließ-
lichen Gemäldegalerie kann nicht nur als Voraussetzung seiner Neuordnung der Gemälde,
sondern auch als die eigentliche Grundlage für den fast zehn Jahre später erfolgten außeror-
dentlichen Innovationsschub hinsichtlich der Systematisierung der Galerie gesehen werden.
Standortwechsel (in das Obere Belvedere), Statuswechsel (zum öffentlichen Museum)
und Mutmaßungen zur Hängung von 1775/1776
Es ist nicht eindeutig dokumentiert, was für die plötzliche Entscheidung Maria Theresias
für eine Übersiedlung der Gemäldesammlung aus der Stallburg in das Belvedere in den
Jahren 1775 und 1776 ausschlaggebend war.55 Eine der Ursachen lässt sich im laufend
größer werdenden Bildbestand ausmachen, dessen Aufstellung in den beengten Raum-
verhältnissen der Stallburg nicht mehr zur Gänze durchführbar war. 1775/76 kamen
ca. 30 Gemälde hauptsächlich aus dem Besitz des aufgehobenen Jesuitenordens in flämi-
schen Kirchen und Konventen in die Galerie;56 so konnten unter anderem das Wunder des
hl. Ignatius von Loyola, das Wunder des hl. Franz Xaver, die Himmelfahrt Mariens und der
Ildefonso-Altar von Rubens erworben werden.57 (Abb. 15, 16, 17, 18)
Abb. 15
Peter Paul Rubens,
Wunder des hl. Ignatius von Loyola,
um 1617/1618, Leinwand, 535 x 395 cm.
Wien, KHM, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 517
Abb. 16
Peter Paul Rubens, Himmelfahrt Mariae,
um 1611/1614, Leinwand, 458 x 297 cm.
Wien, KHM, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 518
Abb. 17
Peter Paul Rubens,
Wunder des hl. Franz Xaver,
um 1617/1618, Leinwand, 535 x 395 cm.
Wien, KHM, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 519
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
- Untertitel
- Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
- Band
- 1
- Autor
- Gudrun Swoboda
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79534-6
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 312
- Kategorie
- Kunst und Kultur