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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
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54 Fischer Kunst nach Ordnung, Auswahl und System sicht aber sollten sie auch nach einem besonders dazu entworfenen Plan angelegt seyn, nach welcher jeder Teil der Kunst sein besonderes Fach hätte.“126 Und noch in Luigi Lanzis programmatischer Schrift zur Galerie der Uffizien, La Real Galleria di Firenze accresciuta e ri- ordinata per comando di S.A.R. l’ Arciduca Granduca di Toscana von 1782 bildeten Museum und Bibliothek eine konzeptuelle Einheit: „Mit einem Wort, das königliche Museum von Florenz [ist] auf das System einer gut geordneten Bibliothek reduziert [worden], wo jede Gruppe ihren eigenen Platz hat, der sich von allen anderen unterscheidet.“127 Die Gleichsetzung von Kunstsammlung und Bibliothek bezieht sich in allen samm- lungstheoretischen Texten auf zweierlei: auf die klassifikatorische Ordnung in der Aufstel- lung der Objekte und auf den wissenschaftlichen Gebrauch und öffentlichen Nutzen einer Sammlung. Das Modell, das Mechel mit dem Bibliotheksvergleich als grundlegende Dis- position der Galerie heranzieht, weist in seiner traditionellen Form eine Systematik nach aneinander gereihten Wissensgebieten – den Fakultäten Theologie, Jurisprudenz, Mathe- matik, Philosophie etc. – auf, die sich in der räumlichen Aufstellung der Bücher widerspie- gelt. In diesem Zusammenhang ist auch die spezifische Begrifflichkeit im Verzeichniß zu verstehen, wenn Mechel von den einzelnen Räumen als „Zimmer-Abtheilungen“ spricht.128 Zudem kam – wie erwähnt – die Raumfolge des Oberen Belvedere mit den vielen kleine- ren Zimmern einer klassifikatorisch ausgerichteten Hängung der Gemälde entgegen. Mechel betont dezidiert die sogenannte „Schicklichkeit“ dieses Gebäudes zur Galerie und führt wei- ter aus: „Dieses zuerst von dem unsterblichen Eugen blos zum Vergnügen und seinem Som- mer-Aufenthalt im Jahr 1724 erbaute Lustschloss fand sich durch die inwendige Zimmer- Abtheilung und Höhe der Stockwerke so bequem zu dieser Absicht, dass man denken sollte, der Held hätte damals schon den Gedanken gehabt, der Kunst einen Tempel zu bauen.“129 In der Mechelschen Galerieaufstellung verwiesen die Nummerierung der einzelnen Zimmer sowie die Nummern- und Namensschildchen an den Rahmen der Gemälde auf die besondere Ordnung der Galerie. Mechels Konzept einer systematischen Anordnung der Gemälde im Raum, wo jedes Exponat einen ihm zugewiesenen, folgerichtigen Platz hat, diente nicht nur der Auffindbarkeit desselben: Die gewählte und sichtbar gemachte Ordnung ist darüber hinaus ein wesentlicher Faktor für die Erfassung bestimmter Wissens- zusammenhänge.130 Die Geographie der Malerschulen In der Galerieordnung findet das Nebeneinander der inhaltlich definierten und begrenz- ten Wissensbereiche der Bibliothek seine Entsprechung in der geographischen Struktur der Malerschulen, wie sich diese am Grundriss im Anhang des Verzeichnisses ablesen lässt. (Abb. 31) Dieser Plan vermittelt besonders aufschlussreich die nach Schulen ausge- richtete Sammlungspräsentation: Im ersten Stock befanden sich in den sieben Zimmern rechts des Marmorsaals die Gemälde der italienischen Malerschulen, wobei das erste und zweite Zimmer der venezianischen Schule gewidmet war, das dritte der römischen Schule, das vierte der Florentiner, das fünfte der Bologneser, das sechste der lombardi- schen Schule, das siebente Zimmer war nach italienischen Schulen gemischt. In den sie- ben Zimmern links davon waren die bedeutendsten Meisterwerke der niederländischen Schule des 16. und 17. Jahrhunderts angeordnet. Im zweiten Stock darüber waren die Altniederländer und Niederländer hauptsächlich des 17. Jahrhunderts mit kleinerforma- tiger Genremalerei versammelt, daran schloss rechterhand die deutsche Schule von den ältesten Beispielen deutscher Malerei bis zur jüngsten Gegenwart an. In Anlehnung an das Schema einer additiv nach Fachbereichen geordneten Bibliothek war das Mechel- sche Sammlungskonzept als geographisches System ausgebildet, das – bezogen auf eine kunstwissenschaftliche Ordnung der Galerie – eine Einteilung in Malerschulen und Stile vornimmt.
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
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Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
Band
1
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
312
Kategorie
Kunst und Kultur
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