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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
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58 Fischer Kunst nach Ordnung, Auswahl und System französischen Fassung des Katalogs zu lesen, „zum Bei- spiel bei Tizian, eine so glückliche Wirkung erzeugt, dass man dadurch in die Lage versetzt wird, diesen gro- ßen Meister mit sich selbst in seinen unterschiedlichen Lebensaltern und in den verschiedenen Gattungen, in denen er sich geübt hat, zu vergleichen.“148 Im Zusammenhang der stilistischen Entwicklung von den Anfängen bis zum reifen Werk wurden nun an den Wänden auch stilistische Verwandtschaften oder Lehrer-Schüler-Verhältnisse thematisiert. (Abb. 34, 35) So dominierten im Tizian-Raum an der ersten Wand der frühe Zeitgenosse Palma Vecchio mit den Gemälden Die Heimsuchung Mariae, Maria mit Kind und den Heili- gen Katharina, Coelestin, Johannes dem Täufer und Bar- bara und Maria mit dem Kind, dem Evangelisten Markus, der hl. Ursula und deren Gefährtinnen (ein Bild, das Pal- ma Vecchio zugeschrieben wurde, heute als Bonifazio Veronese gilt) sowie die Tizian-Schüler Pordenone mit der Hl. Justina, von einem Stifter verehrt im Zentrum der Wand (heute Moretto da Brescia zugeschrieben) und Polidoro Lanzani mit zwei Heiligen Familien. Die weiblichen Bildnisse in unterster Reihe an dieser Wand wurden allesamt Palma Vecchio zugeschrieben, auch die Laura, die heute als Giorgione gilt. Die zweite und dritte, letzte Wand waren ausschließlich mit Werken von Ti- zian gefüllt, wobei Mechel den künstlerischen Entwicklungsgang bis in das – im späten 18. Jahrhundert gar nicht so geschätzte – Spätwerk Tizians fortführte. Die dritte Wand schließt nach der Danae von 1554, der Diana und Callisto von 1566 mit dem Spätwerk Nymphe und Schäfer vom 1570/75 ab. Eine dem „Auge sichtbare Geschichte der Kunst“ (Mechel 1783) Was bisher für die Galerieaufstellung als Beispiel einer – wenn auch bis dato nur in Gra- phiksammlungen – schon eingeführten Praxis kunstwissenschaftlichen oder kennerschaft- lichen Umgangs mit Kunstwerken beschrieben wurde, führt zur Frage, warum denn die neue Form der Hängung schon von den Zeitgenossen als ein so außerordentliches Ereig- nis und als bedeutende Zäsur wahrgenommen wurde. Mechel formulierte den „Zweck allen Bestrebens“ im Vorwort seines Galeriekatalogs dahingehend, das Galeriegebäude zu nutzen, um eine „sichtbare Geschichte der Kunst“149 nach „Ordnung, Auswahl und System“150 zu zeigen. Er scheint sich seines innovativen Tuns bewusst gewesen zu sein, wenn er in der analogen Stelle der französischen Ausgabe konkretisiert, er habe die Gemälde nach einer „neuen Manier“ und „nach chronologischer Ordnung oder der Abfolge der Meister“ systematisiert, und zwar im zweiten Stock mit den niederländischen und den deutschen Gemälden. Darin führt er weiter aus: „Daraus ergibt sich ein ebenso lehrreiches wie auffallendes Ganzes, weil von Saal zu Saal die Steigerung oder die Charaktere der Zeitalter so wahrnehmbar geworden sind, dass der einfache Blick unendlich viel mehr aufnimmt, als es die gleichen Stücke, ohne Rücksicht auf die Zeit ih- rer Herstellung verteilt, ermöglichen würden; und es soll für die Künstler wie für die Lieb- haber aller Länder interessant sein zu wissen, dass gegenwärtig ein Depot der sichtbaren Geschichte der Kunst existiert.“151 Die zentrale Formulierung der „sichtbaren Geschichte der Kunst“ verknüpft den Kollektivsingular Geschichte mit dem Kollektivsingular Kunst und impliziert damit eine historische Per spektive der Kunstbetrachtung sowie die Auffassung der Kunstgeschichte Abb. 34 „Erste Wand, mit der Eingangs-Thüre“ im zweiten Zimmer („Gemälde Venetianischer Meister“) der italienischen Schulen im ersten Stock des Oberen Belvedere. Digitale Rekonstruktion nach Mechel 1783 (Rekonstruktion: Autorin) Abb. 35 „Dritte Wand, mit der Ausgangs-Thüre“ im zweiten Zimmer („Gemälde Venetianischer Meister“) der italienischen Schulen im ersten Stock des Oberen Belvedere. Digitale Rekonstruktion nach Mechel 1783 (Rekonstruktion: Autorin)
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
Band
1
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
312
Kategorie
Kunst und Kultur
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