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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
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68 Fischer Kunst nach Ordnung, Auswahl und System hat, kann Rosas Hängung zwar mit der auf älteren Ordnungssystemen beruhenden Schul- systematik, nicht aber mit einer programmatischen Geschichtskonstruktion in Verbindung gebracht werden. Am Mechelschen Arrangement veränderte er die Auswahl und die Hän- gung der Gemälde im Detail, wobei dem Moment der Vervollständigung im Sinne einer Vervollkommnung eine wesentliche Rolle zukam. Das Ideal der vollständigen Galerie: Der Bildertausch von 1792 oder die Suche nach dem missing link Mit der Neuordnung der Galerie durch Christian Mechel, wo jeder einzelnen Malerschule ein eigener Raum zugewiesen wurde, waren in manchen Abteilungen Mängel und Lücken dramatisch zutage getreten. Mechel musste sich oft mit Werkstattbildern oder Kopien be- gnügen, wollte er sein Konzept, den historischen und stilistischen Entwicklungsgang in- nerhalb der Schule zu dokumentieren, nicht gefährden. Rosa versuchte daher, jene Schu- len, die mangelhaft ausgewiesen waren, zu komplettieren. Als Bestätigung dieses vor- nehmlichen Sammelinteresses kann gesehen werden, dass Rosa in seiner ansonsten knapp gehaltenen Sammlungsgeschichte im Vorwort seines Katalogs jene – in zeitgenössischen Berichten kaum rezipierte – Begebenheit, die genau in dieser Hinsicht Abhilfe hätte schaf- fen sollen, ausführlich kommentiert: einen Tausch von Gemälden mit der großherzog- lichen Sammlung in Florenz.208 Der in der Literatur als der „Bildertausch“ geläufige Tausch zwischen der kaiserlichen Ga- lerie und den Uffizien in Florenz war 1792 von Seiten Wiens mit der Absicht angebahnt wor- den, vor allem die Florentiner, aber auch die römische und französische Malerschule, die in der kaiserlichen Galerie qualitativ und quantitativ ungenügend vertreten waren, zu vervoll- ständigen.209 Ende des 18. Jahrhunderts, als man auf dem internationalen Kunstmarkt kaum noch erstklassige Werke der genannten Schulen erwerben konnte, schien gerade ein Bilder- tausch das „schicklichste Mittel zu seyn, die großherzogliche Gallerie zu Florenz und die kai- serliche zu Wien mit Werken der Malerey, die hier und dort mangelten, wechselweise zu be- reichern. Denn dadurch, daß beyde von ihrem Überfluß abgaben, gewannen beyde, und verschafften sich einen neuen Glanz, ohne von dem alten zu verlieren.“210 Dass letztendlich alle Beteiligten das gemeinsame Ziel, die Galerien „wechselweise zu bereichern“ als verfehlt betrachteten – eine Einschätzung, die noch lange die Rezeption des Bildertausches bestimmen sollte –, basierte auf den unterschiedlich gelagerten Inten- tionen der Tauschpartner. Neben den nicht zu vereinbarenden Interessen, den Verlust für die eigene Galerie möglichst gering zu halten, aber die Sammlungskapazität der Gegen- seite ganz auszuschöpfen, resultierte die Enttäuschung im Grunde aus einem völlig ande- ren Verständnis dessen, was an Gemälden der eigenen respektive der anderen Galerie „mangeln“ oder diese „bereichern“ würde. Denn die nach Malerschulen und Stilabfolgen entwickelte Hängung in der kaiserlichen Gemäldegalerie unterschied sich erheblich von jener in Florenz. Die Gemälde in der Galleria degli Uffizi waren noch Anfang der 1790er Jahre nicht nach der Systematik differenzierter Schulen organisiert, sondern nach der ba- rocken, auf Symmetrien basierenden Pendanthängung ohne Schulzusammenhänge ar- rangiert. Im Besonderen war die Hängung der Uffizien auf den Höhepunkt der Tribuna hin perspektiviert, in der die Meisterwerke versammelt waren. Wahrscheinlich war ein (Aus-) Tausch, also ein vom Prinzip her auf Ausgleich und Äquivalenz angelegtes Verfahren, allein aufgrund der ungleichen Systematiken beider Galerien von vornherein zum Scheitern ver- urteilt. Jedenfalls wird in Anbetracht dieser Unterschiede verständlich, warum Joseph Rosa zu Beginn des Bildertausches 1792 gezielt versuchte, ganz bestimmte Meister zu erhalten, die ihm in der Galerie innerhalb des Schulzusammenhangs fehlten oder nicht ausreichend repräsentiert waren, es dem Florentiner Galeriedirektor Giuseppe Pelli Bencivenni anderer- seits darum ging, Hauptwerke diverser Künstler zu erhalten. Hinzu kam, dass zu Beginn
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
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Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
Band
1
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
312
Kategorie
Kunst und Kultur
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