Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
Seite - 92 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 92 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1

Bild der Seite - 92 -

Bild der Seite - 92 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1

Text der Seite - 92 -

92 Hoppe-Harnoncourt Altdeutsche Malereischule napoleonischen Kunstraub. Für ein besseres Verständnis der Situation werden auch die en- gen Bande zwischen der klassizistisch ausgerichteten Akademie und der Gemäldegalerie beleuchtet. Ein Generationenwechsel bei den Kunstverantwortlichen wird erst nach 1820 in den kaiserlichen Institutionen spürbar und bereitet den Weg zur Gestaltung der Galerie in der Form, die den Normen der neuen Kunstmuseen gerecht wurde. Die Argumentation wird durch die bildliche Rekonstruktion der altdeutschen und alten niederländischen Schule der Gemäldegalerie von 1837 unterstützt.6 Die angeblich ältesten Ölmalereien aus Böhmen 1781 wurden die „ältesten teutschen Meister“ des 14. bis 16. Jahrhunderts im zweiten Stock des Oberen Belvedere im ersten Zimmer der Ostseite arrangiert: „Das erste Zimmer enthält drey merkwürdige Epochen: ehrwürdige Werke aus den Zeiten Kaiser Carl des IVten und Maximilian des Iten, Werke eines Mutina, des ältesten aller nun bekannten Oelma- ler, Theodorichs von Prag und Wurmsers von Straßburg, Stücke von Martin Schöns, Wohl- gemuths und die zahlreichen meist Hauptwerke Albrecht Dürers, der Cranachen, der Hol- beinen und ihrer Schüler und Nachahmer.“7 Mechel hob als Besonderheit der altdeut- schen Schule die (in seinen Augen) ältesten bisher bekannten Ölgemälde hervor. Dadurch erzielten diese in den folgenden Jahren eine besonders hohe Aufmerksamkeit. Es handelt sich um sechs Gemälde, die aus dem Schloss Karlstein bei Prag 1780 geholt worden wa- ren und bis 1901 Bestandteil der kaiserlichen Galerie blieben:8 ein dreiteiliges Altarbild von Tommaso da Modena, welches Kaiser Karl IV. zwischen 1358 und 1364 erworben hatte, und drei Werke von Theoderich von Prag, welche für die Kreuzkapelle im Schloss Karlstein in Auftrag gegeben worden waren.9 Folgt man den Angaben im Katalog, ist die Anord- nung der Gemälde zwischen den Fenstern des ersten Zimmers im zweiten Stock des Obe- ren Belvedere auch heute noch nachvollziehbar: Mechel bezeichnete das durch eine In- schrift signierte Triptychon als ein Gemälde des „Thomas von Mutina, oder von Mutters- dorf in Böhmen“ und datierte es in das Jahr 1297 (Abb. 2). Damit war es nach seiner Ansicht das älteste aller bekannten Gemälde in Öl. Dem folgten die Kreuzigung von „Niklas Wurmser von Strasburg“ und schließlich die zwei Kirchenlehrer Hl. Ambrosius (Abb. 1) und Hl. Augustinus von Theoderich von Prag.10 Für die frühe Datierung ins Jahr 1297 und für die Annahme, „Mutina“ sei aus „Muttersdorf“ und daher ein böhmischer Maler, gibt es noch keine nähere Erklärung im 1783 erschienenen deutschen Katalog. Die ein Jahr später erschienene französische Ausgabe widmet den Karlsteiner Gemälden und den dar- über erfolgten Forschungen mehr Platz: „Des recherches exactes dans plusieurs archives nous ont procuré d’anciens documens qui attestent que Thomas de Mutina étoit un Gen- tilhomme Bohémien, et qu’il florissoit dans le XIII. siècle.“ Weiters erwähnt er, dass aus- führliche chemische Tests vor Zeugen eindeutig bewiesen hätten, dass die Bilder in Öl ge- malt seien; somit wäre Lessings Theorie, dass bereits vor van Eyck diese Technik ange- wandt wurde, praktisch bewiesen.11 Mechel bezieht sich damit auf die wenige Jahre zuvor erschienene Publikation von Gotthold Ephraim Lessing über das Alter der Ölmalerei: Dar- in widerlegte der Autor Vasaris legendenhafte Schilderung um die Erfindung der Ölfarben in den Niederlanden. Lessings Argumentation stützte sich auf die mittelalterliche Hand- schrift des Theophilus Presbyter, die bereits ein Rezept für die Herstellung von in Leinöl aufgelösten Farben enthält. Er schloss daraus, dass es Ölgemälde geben müsse, die älter als jene der Brüder van Eyck sind.12 Verschiedene Beiträge zum vermeintlichen Ölgemälde Tommasos da Modena zeigen, wie Mechel zu dem Aufsehen erregenden Ergebnis kam, dass es bereits im 13. Jahrhundert Ölgemälde im böhmischen Raum gegeben habe: Franz Lothar Ehemant, Professor für Li- teratur und Universalgeschichte in Prag, verkündete im Jahr 1779 unter Hinweis auf Les- sings Publikation, die ältesten vaterländischen Ölgemälde auf Schloss Karlstein gefunden
zurück zum  Buch Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1"
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
Band
1
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
312
Kategorie
Kunst und Kultur
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums