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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
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96 Hoppe-Harnoncourt Altdeutsche Malereischule dem der Rosenkranz aufgesetzt wird, beschrieben (Abb. 3). Im Hintergrund sei Dürers Selbstbildnis mit einer Schrifttafel zu sehen, deren Inschrift Mechel übersetzt: „Albrecht Dürer, ein Teutscher, hat dieses im Jahre 1506 in Zeit fünf Monaten verfertiget.“32 Dieses Bild ist demnach eine freie Variation nach Albrecht Dürers Rosenkranzfest von 1506 (Abb. 4), das damals in der kaiserlichen Schatzkammer in Prag aufbewahrt wurde. In den Inven- taren des 18. Jahrhunderts ist das Rosenkranzfest als sehr zerstört beschrieben, so dass man es schließlich 1782, während die Variante in der Wiener Galerie ausgestellt war, als Ausschuss zur Versteigerung freigab, wo es um nur 1 fl. und 18 x verkauft wurde.33 Chris- tian Mechel bereiste 1779 Böhmen und Mähren, um Bilder aus kaiserlichem Besitz für die neu einzurichtende Galerie auszuwählen.34 Damals sah er möglicherweise das stark be- schädigte originale Rosenkranzfest Dürers in der Prager Schatzkammer.35 Es gab auch ge- treue Kopien nach Werken Dürers, die dem Galeriebesucher präsentiert wurden: Die Ge- mälde Marter der ersten Christen (GG 841) und das Allerheiligenbild (GG A147) von Johann Christian Ruprecht sind signiert und 1653 und 1654 datiert. Diese Werke waren aber nicht im ersten Raum neben den Originalen des 16. Jahrhunderts zu sehen, sondern im zweiten Zimmer, unter den deutschen Meistern des frühen 17. Jahrhunderts.36 Im Gegen- satz zum Rosenkranzfest hat Mechel diese Kopien chronologisch richtig nach ihrer Entste- hungszeit eingeordnet. So finden sie sich unter den „Früchten der Kunst-Befördrung Kai- ser Rudolfs des IIten“37, auf dessen Interesse letztlich auch der große Bestand an Werken von Albrecht Dürer in den kaiserlichen Sammlungen zurückgeht. Die „altdeutschen Meister“ zwischen Akzeptanz und Bewunderung Dem durchschnittlichen Kunstliebhaber des frühen 19. Jahrhunderts hat sich die deut- sche Schule der Malerei nicht ohne weiteres erschlossen. Dies geht aus dem Bericht des sächsischen Pfarrers Christian Müller über seinen Galeriebesuch im Jahr 181238 hervor: „Da findet man die herrlichsten Martin Schön, Lukas van Leyden, Cranach, Hollbein, Dü- rer ec., vor denen die Kunstverständigen tagelang bewundernd weilen. Mich aber lassen die meisten altdeutschen Bilder kalt, weil ich sie nicht gehörig nach dem ihnen eigen- thümlichen Verdienste zu würdigen verstehe, indem ich nun einmal undeutsch und wälsch genug bin, die schönen, idealen Bildungen der italienischen Kunst, welche an die Griechen und ihre Schöpfungen erinnern, den Bildern vorzuziehen, deren größtes Ver- dienst nur Treue, Wahrheit und Fleiß ist. […] Die Aufstellung aller Bilder nach Schulen, und diese wieder nach ihrem successiven Fortschreiten, ist für die Ausbildung der Künst- ler sowohl, als für das Studium der Kunstgeschichte sehr lobenswerth.“39 Müller findet für die Gemälde der Hauptvertreter der deutschen Malerei des 16. Jahrhunderts sachliche Worte der Anerkennung. Die Bewunderung dafür überlässt er den Kunstsachverständi- gen, welche die Gemälde in ihrer Entwicklung zu würdigen wüssten. Die Anordnung der Bilder nach ihrer Entwicklung innerhalb der Malereischulen war nach Ansicht des Galerie- besuchers von 1812 vor allem ein wichtiger Beitrag zur Ausbildung der Künstler. Und so finden sich in jenen Jahren auch junge angehende Maler unter den Besuchern der Gemäldegalerie. Franz Pforr und Johann Friedrich Overbeck, beide Schüler der Wie- ner Akademie, machten bei ihrem Besuch von 1808 ganz neue Erfahrungen mit den Bil- dern, und daher entstand folgender Bericht: „Wir eilten in die deutsche Schule der alten Mei ster, wie angenehm überraschte sie uns, wie lieblich und rein sprach hier jede Emp- findung uns an. […] Die edle Einfalt sprach mit der bestimmten Charakteristik laut an un- ser Herz, hier war keine Bravour des Pinsels, keine kühne Behandlungsart, einfach stand alles da, als wäre es nicht gemalt, sondern so gewachsen. Wir verweilten lange Zeit hier und verließen das Zimmer mit der größten Ehrerbietung.“40 Diese Empfindungen ange- sichts der Werke der „alten deutschen Meister“ manifestieren die Wende in ihrer Kunst- auffassung: Bilder von Tintoretto, Veronese, Maratti, den Carraccis, Correggio, Reni und
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
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Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
Band
1
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
312
Kategorie
Kunst und Kultur
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