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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
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100 Hoppe-Harnoncourt Altdeutsche Malereischule Füger versus Denon: Die altdeutsche Malereischule in den Jahren der napoleonischen Kriege Die 1781 eingeführte Ordnung der altdeutschen Schule wurde erst nach Fügers Antritt als Galeriedirektor tiefergreifend verändert. Die Säkularisierung des Fürsterzbistums Salz- burg und dessen spätere Eingliederung in das habsburgische Erbland im November 1807 brachte einen umfangreichen Zuwachs an Gemälden dieser Schule.62 Zahlenmäßig war dies keineswegs vergleichbar mit den Akquisitionen der Münchener Galerie in jener Zeit. Jedoch sind die ältesten dieser Tafeln aus Salzburg sehr großformatig und dem damali- gen Geschmack nach auffallend altertümlich: Darunter waren die Altarflügel von Rueland Frueauf d.Ä., die große Kreuzigung von Conrad Laib von 1449 sowie eine etwas kleinere um 1470 datierte Kreuzigung.63 Die Ausstellung dieser Gemälde in der Galerie hätte we- gen ihres Formates auf jeden Fall eine Veränderung des Bereichs der altdeutschen Schule von 1781 verursacht. Es ist unbekannt, ob Füger die Bilder 1808 in die Galerie brachte oder vorerst deponierte, doch gibt es einen Hinweis, dass er bereits zu Beginn seiner Amtszeit eine Veränderung im zweiten Stock vorgenommen hatte: Als im Frühjahr 1809 ein Teil der Galerie auf Grund des vierten Koalitionskrieges gegen Frankreich nach Temes- war evakuiert werden musste, wurden nach Gemäldeschulen geordnete Listen erstellt. Dort ist erstmals im zweiten Stock zusätzlich zur altdeutschen und altniederländischen Schule auch eine altitalienische Schule verzeichnet.64 Diese Veränderung blieb allerdings nicht lange bestehen. Füger musste angesichts des Heranrückens der französischen Trup- pen in kurzer Zeit auswählen, welche Gemälde in Sicherheit gebracht werden sollten. Da er keine die Auswahl betreffende Befehle erhielt, orientierte er sich an den vergangenen Evakuierungen65 und konzentrierte sich vor allem auf den Hauptbestand im ersten Stock mit den „ausgezeichneten Stücken“ der italienischen und niederländischen Schulen so- wie auf die „besonders wertvollen Stücke“ der altdeutschen und altniederländischen Schulen. Alles andere wurde deponiert.66 Nach der Besetzung Wiens durch die napoleonischen Truppen wurden die Depots zu französischem Eigentum erklärt. Der Generaldirektor der französischen Museen, Domi- nique-Vivant Denon, übernahm die Auswahl der Gemälde, die nach Paris gebracht wer- den sollten. An die 400 Bilder verblieben bis 1815 in Paris, während die evakuierten 1810 wieder in die Wiener Galerie zurückkehrten.67 Bis 1811 war Füger mit der Neueinrichtung der Galerie beschäftigt. Im Juni 1811 berichtete er, dass die altdeutsche Schule im zwei- ten Stock bereits fertig aufgestellt sei. Darauf würden noch die altniederländische, die al- titalienische Schule sowie die Ausstellung nicht näher benannter neuerer Bilder folgen.68 Somit war die Mechelsche Grundeinteilung aufgehoben und tatsächlich, wie bereits vor 1809, um eine altitalienische Schule erweitert. Da die alten Kataloge von Mechel und Rosa als Galerieführer nicht mehr tauglich waren, brachte er neue Nummern auf den Rahmen an, die sich auf eine in jedem Raum angebrachte Tafel mit den verzeichneten Künstlernamen bezogen.69 Gegenüber der Mechelschen Ordnung muss das erste Zim- mer mit den altdeutschen Gemälden einen ganz anderen Eindruck hinterlassen haben: von den oben besprochenen Gemälden aus Karlstein verblieb nur das Triptychon Tommasos da Modena. Denn neben den eben erst aus Salzburg eingelangten Altartafeln waren auch die Kreuzigung und die Kirchenväter Hl. Ambrosius und Hl. Augustinus von Theoderich von Prag unter den Bildern, die der französische Kommissär Denon 1809 für das Pariser Museum ausgewählt hatte. Der Verlust so vieler Gemälde dürfte ein tragisches Ereignis in Fügers bisher glänzender Karriere gewesen sein. Kaiser Franz machte dem Galeriedirektor speziell den Verlust so vieler deutscher Gemälde zum Vorwurf. Zu seiner Verteidigung erklärt der Galeriedirektor, dass keine Werke von großem Kunstwert darunter gewesen seien. Doch diese Meinung schien man bei Hof nicht zu teilen, denn Füger wurde der üblicherweise an Hofbeamte verliehene Titel eines „kaiserlichen Raths“ unter Hinweis auf den großen Verlust vorerst verweigert.70
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
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Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
Band
1
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
312
Kategorie
Kunst und Kultur
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