Seite - 119 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
Bild der Seite - 119 -
Text der Seite - 119 -
119
Gemäldebestandes und die Kostenkontrolle nicht mehr gewährleistet waren. Staatskanz-
ler Kaunitz versuchte Kaiser Joseph II. mehrfach von der Redlichkeit und dem Eifer Mechels
zu überzeugen, betonte aber schließlich im Februar 1781, er könne seinerseits für die Vor-
gänge in der Gemäldegalerie nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden (Dok. 102).
Schlussendlich gelang es Kaunitz doch, beim Kaiser Ende Oktober 1782 die Lossprechung
Mechels zu erwirken, wobei der Kaiser gleichzeitig allen Beteiligten „über diese ganze
Angelegenheit das ewige Stillschweigen“ auferlegte (Dok. 144).
Anlass für die seitens der Wiener Hofstellen von Mechel eingeforderte Rechtfertigung
war dessen angeblich unkorrekte und überhöhte Spesenabrechnung vom Februar 1782
(Dok. 131). In der Monographie zu Mechel von Lukas Wüthrich wird diese letzte Phase
von Mechels Wien-Aufenthalt nach Abschluss der Einrichtung der Gemäldegalerie aus-
führlich behandelt, wobei Wüthrich mehrere Briefe Mechels und Akten der k. k. Staats-
kanzlei heranzieht.18 Wüthrich sieht Mechel als Opfer verschiedener Intrigen, hinter denen
zweitrangige Hofbeamte standen (womit wohl Rosenberg und Rosa gemeint sind). Den
Vortrag Rosenbergs zu den Vorfällen während Mechels Tätigkeit (Dok. 144) hält er für
bewusst irreführend. Allerdings kannte Wüthrich nicht jenes Dokument, aus dem hervor-
geht, dass Mechel einerseits – abgesehen vom Oberstkämmerer – selbst von seinen
eigenen Mitarbeitern belastet und andererseits keineswegs generell vom Galeriepersonal
abgelehnt wurde (Dok. 135). So hatte er im ersten Kustos der Gemäldegalerie, Johann
Tusch, einen engen Vertrauten gefunden, der ihm im Belvedere auch Kost und Quartier
gewährte, bis Mechel dort ein eigenes Zimmer erhielt (Dok. 143).
Der Abschluss der Einrichtung der Gemäldegalerie fällt in die Zeit der Alleinregierung
Kaiser Josephs II. Das mit „13 Ok 1781 V. Fischer“ bezeichnete allegorische Gemälde zur
Übertragung der kaiserlichen Bildergalerie ins Belvedere zeigt Joseph II. und Minerva, die
in Richtung Oberes Belvedere weist (Abb. Eingangsseite). Das dazu verfasste Gedicht von
Michael Denis ist betitelt: „Von Kaiser Joseph IIten Anwendung des Lust-Schlosses Belvedere für
die k. k. Bildergallerie in Wien.“19 Auch Rosa und Rosenberg geben 1787 an, die Übertra-
gung der Galerie ins Belvedere sei auf Josephs II. Veranlassung erfolgt (Dok. 156 und 157).
Hingegen lassen die zu Lebzeiten Kaiserin Maria Theresias abgefassten Dokumente erken-
nen, dass die Überstellung auf Anordnung der Kaiserin (Dok. 23, 24 und 27) beziehungs-
weise auf Anordnung beider Majestäten (Anm. zu Dok. 27) erfolgte. Bei den Anordnun-
gen zu den Arbeiten in der Bildergalerie ist der Kaiser häufiger als die Kaiserin zu belegen.
Leider lässt sich nicht nachweisen, wer von beiden Mechel im Jänner 1779 mit den Arbei-
ten für die Bildergalerie betraute (Dok. 128). Die Ende Februar 1779 erfolgte Anweisung,
einige Bilder der Schatzkammer „dem zur Einrichtung“ der „Bilder Gallerie bestelten hier be-
findlichen Kupfer Stecher Herrn Mecheln“ zu übergeben, stammt jedenfalls von Joseph II.
(Dok. 61). Er erteilte auch im Jänner 1780 die einschneidende Anordnung, Mechel die
Schlüssel der Galerie zu übergeben (Dok. 72). Ob die zuvor im März 1779 getroffene
Regelung hinsichtlich der Kosten für die Arbeitsleute, die Mechel für die Einrichtung der
Galerie benötigte, von der Kaiserin, dem Kaiser oder beiden stammte, ist unklar (Dok. 62).
Die Kontrolle der Kosten der für die Galerie tätigen Handwerker und deren Freigabe be-
ruhten auf Resolutionen der Kaiserin (Anm. zu Dok. 46 sowie Dok. 83 und 91), das
galt auch für die nach ihrem Tod ausgeführten Arbeiten. Erst als der Kaiser im Juni 1781
„unbegreiflich“ hohe Unkosten konstatierte (Dok. 114), verlangte er eine verschärfte
Kontrolle. Doch damals war bereits der Großteil der Kosten für die Einrichtung der Bilder-
galerie angefallen. Wie die Dokumente zum Ankauf der Bilder des Hofrats Greiner20 von
Juni/Juli 1780 zeigen, betrachtete die Kaiserin die Galerie als eine ihren Sohn und Staats-
kanzler Kaunitz betreffende Angelegenheit, aus der sie sich heraushalten wollte (siehe
Dok. 84). Wie die Gemäldesammlung damals aussah, ist nur durch einen Bericht vom Juni
1780 dürftig überliefert (Dok. 80). Die Kaiserin hatte sie am 14. August 1780 in Begleitung
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
- Untertitel
- Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
- Band
- 1
- Autor
- Gudrun Swoboda
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79534-6
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 312
- Kategorie
- Kunst und Kultur