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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Seite - 378 -
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378 Grabner Vom „malenden“ zum „wissenschaftlichen“ Galeriedirektor und neuesten Kunst nur alphabetisch aufgelistet sind, kann heute nicht mehr nachvollzo- gen werden, ob die Hängung nach chronologischen oder thematischen Überlegungen er- folgte oder ob für das Erscheinungsbild vor allem ästhetische Kriterien maßgeblich waren. Dem Sammlungsführer ist lediglich zu entnehmen, dass 141 Werke „moderner“ Künstler ausgestellt waren. Da darunter auch zahlreiche großformatige Bilder genannt sind, liegt die Vermutung nahe, dass kleinere Werke auch jetzt noch, wie schon zu Fügers Zeiten, in mehreren Reihen übereinander hingen. Hinsichtlich der Objektbeschriftung steht im Füh- rer auch zu lesen, dass über jedem Gemälde „der Name des Künstlers und […] daneben in römischen Ziffern die Zahl angegeben [ist], welche anzeigt, das wie vielste Gemälde die- ses Künstlers es ist, so daß jedes einzelne Bild leicht aufgefunden werden kann“.96 Wie aber war es möglich, dass die Sammlung der Moderne binnen so kurzer Zeit eine derart große Anzahl von Gemälden verzeichnen konnte? Krafft hatte es sich, im Einver- nehmen mit Kaiser Franz I. und dessen Nachfolger Ferdinand I., zum Ziel gesetzt, eine en- zyklopädische Zusammenschau der österreichischen Kunst aufzubauen. So sollte jeder in Österreich wirkende Künstler mit mindestens einer Arbeit vertreten sein. Wurde später ein besseres Werk erworben, konnte dieses gegen das bereits vorhandene ausgetauscht wer- den. Die Basis für die im Jahre 1836 fertiggestellte Sammlungspräsentation bildeten jene Werke, die auf den Akademie-Ausstellungen erworben wurden. Demzufolge sind bereits hier die auch heute noch bedeutenden Werke Der Stephansdom von Rudolf Alt, Der Fischer- knabe von Friedrich Amerling, Das Scholarenzimmer und die Komische Szene im Atelier von Josef Danhauser, Das Mädchen vor dem Lotto von Peter Fendi oder Der Hallstättersee von Franz Steinfeld (Abb. 14) neben den bereits vorhandenen und oben genannten Arbeiten zu sehen gewesen. Doch kaufte man nicht nur auf den heimischen Ausstellungen ein, son- dern auch auf den Akademien von Mailand, Bergamo und Venedig.97 Später wurde auch Jacques-Louis Davids Darstellung Napoleon am Großen St. Bernhard (Abb. 15) in die Schau- sammlung integriert, jenes Bild, das Napoleon gleich nach seiner Machtergreifung in der Lombardei für die Stadt Mailand bestimmt hatte und das durch die veränderten politi- schen Verhältnisse 1834 nach Wien gelangt war. Wie sehr sich die Öffentlichkeit für die Gestaltung der kaiserlichen Gemäldegalerie interessierte, belegen Zeitungen, die der Prä- sentation lange, bisweilen auf mehrere Ausgaben aufgeteilte Artikel widmeten.98 Entge- genkommend war natürlich auch, dass der Besuch der Galerie „mit echt kaiserl. Liberalität jedermann ohne Ausnahme alle Dinstage [sic!] und Freytage an den vorgeschriebenen Stunden gestattet“ war, wie Graeffer und Czikann in der „Oesterreichischen National-En- cyklopädie“ bemerkten.99 Der Galeriedirektor Krafft erntete durchwegs Lob. Seine Leistungen blieben aber nicht auf die Belange der Sammlung beschränkt, sondern es war ihm die Institution überhaupt ein großes Anliegen. So forderte er in einem Schreiben an das Oberstkämmereramt, dass die „mit so bedeutenden Kosten hergestellte Einrichtung der Gallerie so viel wie möglich in diesem ihrem jetzigen Zustande erhalten werde und es nicht erlaubt seyn sollte, nach Willkühr und ohne wichtige Motive die Bilder zu verhängen oder sonst eine andere Aen- derung in der Gallerie ohne hohen Befehl vorzunehmen“.100 Dazu zählte auch sein vehementes Eintreten gegen die von der Kunstakademie gefor- derte Erlaubnis zur Kopiertätigkeit in den Schauräumen. Damit ist auf eine Gepflogenheit von damals hingewiesen, denn am Beginn des 19. Jahrhunderts war es in den wichtigsten Sammlungen Europas durchaus üblich, dass Künstler in den Galerieräumen Bilder kopier- ten. Die Kustoden waren zudem auch angewiesen, die angehenden Maler bei ihrer Arbeit zu unterstützen und ihnen nützliche Informationen zu erteilen.101 Doch scheint in diesem Bereich immer die Gefahr von Wildwuchs bestanden zu haben, denn schon im Jahre 1820 hatte sich Josef Rosa in einem Schreiben an das Oberstkämmereramt darüber beschwert, dass die kopierenden Künstler mit ihren schmutzigen Pinseln Marmortische und Fenster-
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Europäische Museumskultur um 1800
Band
2
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
264
Kategorie
Kunst und Kultur
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