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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Seite - 407 -
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Bénédicte Savoy „Unschätzbare Meisterwerke“ DER PREIS DER KUNST IM MUSÉE NAPOLÉON „Monsieur, Ich bin vorbeigekommen um Ihnen das angehängte Modell ei- nes Protokolls vorzulegen. Wir werden innerhalb einer einzigen Zeile jedes beliebige Gemälde, wie schön es auch ist, beschreiben können, sogar die Transfiguration. Unsere Arbeit wird zwar keine pittoreske Schönheit aufwei- sen, dafür aber die administrative Schönheit: Klarheit und Knappheit. Damit und trotz der geringen Zahl an Hilfskräften, die uns zur Verfügung stehen, können wir das Ende der Arbeit absehen. Hochachtungsvoll, De Beyle“1 Mit diesem Billet vom 27. Oktober 1810 versuchte der junge Henry Beyle und künftige Schriftsteller Stendhal den Generaldirektor des Musée Napoléon zur Arbeit zu bewegen. Seit Anfang des Jahres wusste Dominique-Vivant Denon, dass er schleunigst alle Kunstwer- ke im Besitz der französischen Schlösser und Museen zu inventarisieren hatte: das hatte der Senat am 10. Januar per Gesetz verfügt. Seitdem hatte sich aber nichts getan. Denon hat- te auf die kaum zu bewältigende Komplexität der Aufgabe hingewiesen. Sein Ansprech- partner in der Regierung, Generalintendant Pierre Daru, hatte im Gegenzug die Unabding- barkeit einer raschen Abwicklung bekräftigt.2 Was auf dem Spiel stand, war die systemati- sche Erfassung der seit der Revolution in- und außerhalb Frankreichs konfiszierten und zum nationalen Eigentum erklärten Kunstwerke, die einheitliche Strukturierung eines höchst heterogenen Ensembles an Objekten unterschiedlichster Provenienzen, Gattungen und Materialien. Dies war eine enorme Herausforderung: Fügte sich nämlich das Aufstellen von Sammlungs- und Galerieverzeichnissen in eine lange Tradition ein und hatte die Gattung „Museumsinventar“ im 18. Jahrhundert europaweit zu allerlei taxonomischen Justierun- gen geführt, so stellten doch der Umfang der seit 1793 in den französischen Museen ak- kumulierten Sammlungen und das weitgehende Fehlen vorausgegangener Verzeichnisse eine besondere Konstellation dar. Erschwerend hinzu kam der neue administrative Geist, in dessen Dienst die Inventarisierung geschehen sollte: Statistisches Denken und Handeln, die möglichst lückenlose Erhebung von Daten zu allen Bereichen der Gesellschaft und des Territoriums gehörten zu den Dreh- und Angelpunkten napoleonischer Politik. In Frank- reich war bereits unter Bonapartes Konsulat 1801 die systematische und regelmäßige staatliche Datenerhebung auf Präfekturebene begründet worden.3 Jetzt waren es die „na- tionalen“ Kunstwerke, die wie in einer Volkszählung erfasst werden sollten. Dies entsprach nicht dem wissenschaftlichen Selbstverständnis der Museumsleitung, die nach eigenen Angaben zu diesem Zeitpunkt an einem eigenen Inventar, einem catalogue raisonné, arbei- tete. Aber auch das Museum als Tempel des Schönen hatte sich der administrativen Logik des zentralisierten Staates zu fügen. Korrektheit und Objektivität, Vergleichbarkeit und Vollständigkeit – das zu verfassende Inventar war eine auf Kunstwerke angewandte, frühe Abb. 1 „Administrative Schönheit“. Eine Leere Seite des Inventaire Napoléon. Paris, AMN, 1 DD 16, Inventaire général du musée Napoléon 1810 407
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Europäische Museumskultur um 1800
Band
2
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
264
Kategorie
Kunst und Kultur
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