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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Seite - 415 -
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415 Savoy Unschätzbare Meisterwerke ciants“20: Pierre-Joseph Lafontaine (1758–1835), Ferreol de Bonnemaison (1766–1827) und Guillaume-Jean Constantin (1755–1816). Der gebürtige Belgier Lafontaine, zunächst als Maler tätig, hatte sich nach der Revolution als Kunsthändler in Paris etabliert und war durch sensationelle, europaweit erfolgte Ankäufe und Verkäufe hauptsächlich niederländi- scher Werke – etwa der 1803 auf einer niederländischen Auktion entdeckten und einige Jahre später nach London verkauften Ehebrecherin von Rembrandt – rasch zu Ansehen und Vermögen gekommen.21 Der Maler, Gemälderestaurator, Händler und Sammler Bonne- maison22 war nach Ausbruch der Revolution seinerseits nach London emigriert, hatte dort sieben Jahre u.a. mit Kunst gehandelt und war 1796 nach Paris zurückgekehrt, wo er wei- terhin als Bilderhändler und Restaurator tätig war; um 1810 galt Bonnemaison in Paris of- fensichtlich als Raffael-Experte, denn drei Jahre nach seinem Einsatz für Denons General- inventar wurde er 1816 zum Chefrestaurator des (in Musée royal umbenannten) Louvre ernannt und ließ gleich fünf Gemälde Raffaels restaurieren, die im Begriff waren, ihrem le- gitimen Eigentümer, dem König von Spanien restituiert zu werden; bei diesem Anlass fer- tigte Bonnemaison Stiche nach diesen Raffael-Gemälden und veröffentlichte sie mit eini- gem Erfolg.23 Der Kunsthändler Constantin schließlich war seit 1807 Kustos der Gemälde- sammlung von Kaiserin Josephine im Schloß Malmaison und hatte in dieser Eigenschaft etliche Werke hohen Ranges begutachtet bzw. erworben.24 Am 13. Oktober 1813 also nahm die Kommission zusammen mit Denon, dem Muse- umssekretär Athanase Lavallée und dem Antikenkonservator Visconti die Arbeit auf.25 Eine Woche später meldete Denon dem Generalintendanten, die Gruppe habe sich „bereits mehrmals getroffen“ und die Schätzung aller Gemälde auf der Grande Galerie so gut wie beendet.26 Das Ergebnis war eindrucksvoll: Tausende von Schätzpreisen füllten jetzt die Spalte PREIS des Inventaire Napoléon, von 1.500.000 Francs bis 1 Franc. Alles, was die Kunstgeschichte Europas von der Antike bis Jacques-Louis David hervorgebracht hatte und im Musée Napoléon versammelt war, hatte nun nicht nur einen Wert, sondern auch einen Preis.27 Dass in vielen Fällen dieser Preis eine reine Abstraktion war und sein musste, ver- deutlicht ein Blick in die Tabelle. PREIS UND GESCHMACK Was kann um 1800 eine Marmorgruppe wert sein, welche – wie schon der alte Plinius zu berichten wusste – „allen Stücken der Malerey und Bildhauerkunst vorzuziehen ist“28? Und was das letzte Gemälde des für göttlich gehaltenen, zu früh gestorbenen Malers aus Urbi- no? Seit ihrer Auffindung bzw. Schöpfung in den Jahren 1506 und 1520 waren weder die Laokoongruppe noch Raffaels Transfiguration – noch viele der aus italienischen und nieder- ländischen Sammlungen stammenden Werke des Musée Napoléon – je auf dem Kunst- markt gewesen, sie hatten kein einziges Mal den Besitzer und nur selten, wenn überhaupt, den Standort gewechselt. Für solche Werke war kein „realer“, wie auch immer dokumen- tierter Preis zu ermitteln. Sie hatten sich unabhängig vom Markt im Laufe der Jahrhunder- te, spätestens im 18. Jahrhundert in ganz Europa zu Ikonen des ästhetischen und kunsthis- torischen Diskurses entwickelt, zu Kristallisationsgegenständen der neuen Kunstreligion. Wenn sie einen Wert hatten, dann war er kultureller, ja kultueller Art – sicherlich aber nicht, oder bestimmt nicht in erster Linie, ökonomischer Art. Was also konnten sich Denon und seine Berater da für Schätzpreise einfallen lassen? „Für die Laokoongruppe: 1.500.000 Francs. Für die Transfiguration: ebenso.“
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
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Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Europäische Museumskultur um 1800
Band
2
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
264
Kategorie
Kunst und Kultur
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