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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Seite - 416 -
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416 Savoy Unschätzbare Meisterwerke Das waren Summen, die um 1813 die Vorstellungskraft vieler Menschen überstiegen ha- ben dürften. Das war so viel wie 7,5 Mal die jährliche Apanage eines Herzogs29 oder wie 10 gute Häuser in einem bürgerlichen Quartier von Paris.30 Ein Museumswächter verdien- te in diesem Jahr monatlich 100 Francs.31 Diese hohe Messlatte einmal gesetzt, nutzten die Experten die gesamte Preisskala, um mit wenigen Ausnahmen alle Antiken, Gemälde und Handzeichnungen des Museums zu schätzen. 1,5 Millionen Francs erreichten außer der Transfiguration und dem Laokoon keine weiteren Werke. Die nächste Stufe von 1.000.000 Francs erreichten nur zwei italienische Gemälde: Correggios Heiliger Hieronymus aus Parma und die Hochzeit von Kana von Paolo Veronese aus Venedig.32 Bis zur nächsten Stufe von einschließlich 500.000 Francs finden sich nur sechs Gemälde, darunter – nicht überra- schend – drei Raffaels: die Madonna di Foligno (800.000), die Heilige Familie (600.000) und die Hl. Caecilie (500.000); darüber hinaus Giulio Romanos Steinigung des hl. Stephanus (700.000), Tizians Martyrium Petri (500.000) und Domenichinos Kommunion des hl. Hiero- nymus (500.000).33 In dieser Preiskategorie taucht auch zum ersten Mal ein nicht-italieni- sches Gemälde auf: Rubens‘ Kreuzabnahme aus Antwerpen (600.000).34 Das zweitteuerste niederländische Gemälde ist eine große Tierszene von Paulus Potter aus der Sammlung des Stadthouders in Den Haag (430.000).35 Darunter verteilen sich bis einschließlich 100.000 Francs zwei Dutzend italienische und niederländische Gemälde. Hier tauchen auch die ersten Gemälde aus der französischen Schule auf, Werke von Eustache Lesueur und Charles Lebrun (250.000 bzw. 200.000 Francs) gefolgt von vier auf 150.000 Francs geschätzte Nicolas Poussins und zwei Claude Lorrains für 100.000 Francs.36 Um dieses Preisniveau herum gruppieren sich eine Handvoll niederländischer Maler, neben Rubens auch Van Dyck mit einem Höchstpreis von 150.000 für die Beweinung Christi aus Antwerpen und Gerard Dou mit der Wassersüchtigen Frau aus der Sammlung des französischen Königs (120.000); Van Eyck steht als einziger Vertreter der alten niederländischen Schule in dieser Preiskategorie mit dem Mittelteil des Genter Altars (100.000).37 Unter der Grenze von 100.000 Francs wird dann die Übersicht schwieriger. Auffällig ist hier die Schätzung von Leonardos Mona Lisa auf 90.000 Francs,38 Remb randts Höchstpreise um die 60.000 Francs unter anderem für das in Paris sehr gepriesene Gemälde Jacob segnet seine Kinder aus Kassel,39 und die Präsenz zweier Mantegnas, ebenfalls für 60.000 Francs.40 Für Murillos teuerstes Gemälde, Die hl. Familie, ist ein Schätzpreis von 48.000 Francs eingetragen.41 Darunter kommt neben vielen Italienern eine kompakte Gruppe niederländischer Landschafts- oder Genremaler wie Berchem, Both, Ostade, Teniers oder Metsu (höchste Schätzungen um die 30.000 bis 40.000 Francs).42 Die teuersten „altdeutschen“ Gemälde werden auf Preise zwischen 10.000 und 15.000 Francs geschätzt. Dies sind Altdorfers Alexanderschlacht aus München (15.000), Holbeins Portrait des Nicolaus Kratzer aus der Sammlung des französischen Königs (10.000) und eine Dürer zugeschriebene Anbetung der Könige aus Savona (10.000).43 Trotz der großen Beliebtheit, der er sich nachweislich beim Pariser Publikum erfreute, ist Cranachs Jungbrunnen aus Berlin auf nur 3000 Francs geschätzt.44 Ebenso Watteaus Einschiffung nach Kythera aus der Sammlung des französischen Königs.45 Chardin kommt maximal auf 1000 Francs.46 Die niedrigsten Preise betreffen Kopien nach bekann- ten Meistern oder keinem Autor zugeordnete Gemälde. Diese zu schnelle Übersicht müsste selbstverständlich erweitert werden, vor allem um eine Analyse der Preisgestaltung nach Bildformaten und -gattungen. In ihrer Skizzenhaf- tigkeit lässt sie dennoch einige Schlussfolgerungen zu. Im Jahre 1813 war die Überholung Correggios durch Raffael – die schon in der Kunstliteratur jener Jahre spürbar ist – endgül- tig vollzogen. Der von Ernst Osterkamp so präzise nachgezeichnete Raffaelkult der Jahre um 1800 in Europa spiegelt sich im Inventaire Napoléon unmittelbar wider.47 Die Höhe von Raffaels Preisen folgt unmittelbar der Höhe seiner Stellung am kunstgeschichtlichen und
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Europäische Museumskultur um 1800
Band
2
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
264
Kategorie
Kunst und Kultur
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