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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Seite - 417 -
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417 Savoy Unschätzbare Meisterwerke ästhetischen Himmel jener Zeit. Und auch der Abstand zwischen ihm und seinen nächsten Preisnachbarn scheint zu signalisieren: Mit dem „divino“ ist keine Konkurrenz (mehr) möglich. Das war nicht zuletzt eine Folge der Vereinigung so vieler Werke im Musée Na- poléon. Hatte ein anonymer Reisender [Martin Sherlock] 1777 noch spitzfindig befinden können: „Im Vatikan lernt man die Meisterstücke Raphaels bewundern; zu Dresden lernt man die Gemälde Correggios werthschätzen. Raphael ist fast allge- mein als Monarch des Malerreichs erkannt. Eine consularische Regierungs- form gefiele mir besser; ich wünschte, er hätte den Correggio zum Collegen gehabt. Ich weiß, daß alle Halbkenner wider mich seyn werden, und ich will ihnen die Ursache davon sagen: Entweder sie haben die schönsten Stücke dieses Meisters nicht gesehen, oder sie haben sie nur so obenhin gesehen. Seine besten Werke sind zu Parma und Dresden, und diese zwo Städte be- trachtet ein Reisender blos nebenher auf der Durchreise. Vielleicht bringt er drey Morgen in dieser Gallerie zu; er will alles sehen, und natürlicher Weise, er sieht nichts. So verfährt er zu Parma, und siehe, da ist er in Rom.“48 … und dreißig Jahre später in Paris. Als sowohl mehrere Meisterwerke von Correggio als auch beinahe das gesamte Oeuvre von Raffael im Musée Napoléon versammelt waren, scheint die Diskussion – schenkt man zumindest den Zahlen glauben – definitiv überholt gewesen zu sein. Raffael belegte eindeutig den ersten Platz, hinter ihm die italienische Schule – weit vor den Niederländern. Nur Rubens und der Kuhmaler Paulus Potter konn- ten es aus Pariser Perspektive preismäßig mit den besten Italienern aufnehmen. Ob diese Einschätzung sehr „französisch“ war oder im Gegenteil einen Spiegel europaweiter Ge- schmacksbildung jener Zeit darstellte, wie eher zu vermuten ist, ließe sich nur anhand sub- tiler regionaler Studien präzisieren. Die obengenannte Hitliste macht jedenfalls ein starkes aufkommendes Interesse für Rembrandt deutlich, der sich preislich sehr von den übrigen, europaweit gesammelten und in vielen fürstlichen Sammlungen gut vertretenen Genre- malern wie Metsu, Teniers oder Ostade absetzte. Mit anderen Worten: Mit ihren „wider- sprüchlichen Gesprächen“ vor den Originalen des Musée Napoléon verarbeiteten die von Denon eingeladenen Kunsthändler nicht nur allgemeine Geschmackstendenzen zu Prei- sen. Sie setzten sicherlich auch Trends: Das wird besonders deutlich bei Van Eyck und den altdeutschen Malern, die zu diesem Zeitpunkt keinen nennenswerten Marktwert hatten, weil sie bis dahin nicht auf dem Markt, sondern in Kirchen und Klöstern gewesen waren. Indem der Mittelteil des Genter Altars auf 10.000 Francs mehr als die Mona Lisa von Leo- nardo geschätzt, die Namen Altdorfer, Dürer und Holbein mit Preisen versehen wurden, die sonst auch gute Portraits von Rubens trugen, war für diese Maler ein ökonomisches Koordinatensystem erfunden. Wie geht die Geschichte weiter? In den Jahren 1814 und 1815 erfolgte bekanntlich die durch die siegreichen Alliierten durchgeführte Dislokation des Musée Napoléon. Das im Louvre verbliebene Exemplar des Generalinventars kam in dieser Zeit intensiv zum Einsatz, ermöglichte es doch eine schnelle und sichere Identifikation der reklamierten Werke und ihrer legitimen Eigentümer. Nach der Ausleerung des Louvre begannen die Museumsbe- amten – Denon war zurückgetreten –, den Restbestand in einem Inventaire des tableaux du Roi (1816) zu verzeichnen. Interessanterweise blieben die meisten Kategorien bestehen, die auch für das Inventaire Napoléon benutzt worden waren, auch die Spalte PREIS; auf die Spalte HERKUNFT verzichtete man, dafür kamen Informationen über den Träger hinzu. An den geschätzten Preisen änderte sich in diesem Inventar nichts: sie wurden aus dem Inven-
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Europäische Museumskultur um 1800
Band
2
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
264
Kategorie
Kunst und Kultur
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums