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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Seite - 439 -
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439 Patz Schulzimmer tung des Gesammelten zu behaupten: indem es frei von Zufälligkeiten und persönlichen Bezügen als Beleg für einen mehr oder weniger abstrakten Kanon eingesetzt wurde. Die Objekte sollten zusammen mit anderen eine geschlossene Oberfläche ausbilden und dem Besucher eine Gesamtschau der Kunstgeschichte suggerieren. Wien – Florenz Die Formierungsphase des modernen Kunstmuseums beginnt mit der Neuordnung der Bestände der Uffizien3 in Florenz und der Einrichtung der kaiserlichen Galerie im Oberen Belvedere4 in Wien. Sie stehen im Rahmen von habsburgischer Kulturpolitik und Reform- programmen. Die Abkehr von traditionellen Formen der Präsentation von Sammlungen, die in den Uffizien in Florenz und der Gemäldegalerie in Wien nahezu zeitgleich verlief und mit zu den frühesten Beispielen von an Klassen, Schulen und Stilen ausgerichteten Samm- lungen führte, ist durch die besondere Konstellation von Kaiser Joseph II. und dem toska- nischen Großherzog Pietro Leopoldo als Sammler- und Brüderpaar gefördert worden (Abb. 2). Die parallel durchgeführten Neuaufstellungen beider Galerien führten jedoch trotz gegenseitigen Austauschs von Erfahrungen hinsichtlich der Sammlungsstruktur zu unterschiedlich ausgerichteten Lösungen, die aus den jeweils anders gearteten Samm- lungstraditionen und wissenschaftlichen Schulen resultierten. In den Jahren zwischen 1775 und 1792 wurden die gesamten Kunstbestände der Medici neu geordnet; man zog die Besitztümer aus den Villen auf dem Lande zusammen und löste gleichermaßen alte Ordnung wie Funktionszusammenhänge auf. Hier wurden entscheidende Weichen für das moderne Kunstmuseum gestellt: Natur- und technikgeschichtliche Sammlungen mussten ebenso weichen wie das Kunsthandwerk mit Rüstkammer und Möbeln. Der Kunstkanon wurde nunmehr enger definiert. In die Galleria degli Uffizi zogen stattdessen die archäolo- gischen Sammlungen und die Werke der Malerei – die Handzeichnungen und Druckgra- phiken in das graphische Kabinett.5 In Wien bedeutete die Verlegung der Gemäldesamm- lung aus der zu eng gewordenen Stallburg in das Obere Belvedere (1775/76) die endgülti- ge Ausgliederung der Galerie aus dem Komplex höfischer Repräsentation. Die Transferierung wurde für eine umfassende Reorganisation genutzt, der eine Generalinven- tur vorausging, die erstmals den gesamten habsburgischen Gemäldebesitz erhob. Der Ba- seler Kupferstecher, Kunsthändler und Verleger Christian von Mechel6 (Abb. 3) vollendete 1781 die erstmals konsequent nach geographisch begrenzten Malerschulen und inner- halb dieser Schulen teilweise nach chronologisch-historischen Gesichtspunkten geordne- te Neueinrichtung der Gemäldesammlung im Oberen Belvedere. Das Modell der ‚Schulen‘ und die Periodisierung der kunstgeschichtlichen Betrachtung nach diesen Schulen, wie Christian von Mechel sie in seiner Ordnung der Wiener Galerie anwandte und Luigi Lanzi sie in seiner Storia pittorica ab 1792 entfaltete,7 bildeten einen wichtigen Ausgangspunkt für die Entwicklung des modernen kunsthistorischen Museums des 19. Jahrhunderts. Den Abschluss der Neuaufstellungen beider Galerien bildeten Katalog- werke. Hierbei kommt den jeweiligen Vorworten eine besondere Rolle zu, indem diese Aus- kunft über die neuartigen Organisationsprinzipien und Strukturen der Sammlungen geben. Die Vorworte übernehmen nicht nur eine informative Funktion, sondern schildern die Bedin- gungen und die Entstehung der Werke, liefern Begründungen und Erläuterungen und geben Aufschluss über die Intention der beiden Publikationen und der Neuaufstellungen. Sie sind eine Absichtserklärung und bilden in ihrer lektüre- und rezeptionssteuernden Funktion einen Kommentar zum eigentlichen Katalogtext. Am Ende der Vorworte, als Fazit und Leitgedanke zugleich, evozieren die beiden Autoren das Bild der Bibliothek.8 Abb. 3 Johann Jakob Mechel nach Anton Hickel, Christian von Mechel (1737–1817), 1787. Kupferstich
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Europäische Museumskultur um 1800
Band
2
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
264
Kategorie
Kunst und Kultur
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