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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Seite - 444 -
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444 Patz Schulzimmer ist es, zwischen Innen und Außen zu vermitteln, Markierung und Überschreitung, Bruch und Vermittlung zu bedeuten, funktional in Hinblick auf die Sammlungsaufstellung zu sein und zugleich den Kunstcharakter, die Abgeschlossenheit und die Souveränität des Bildes zu bekräftigen. Zugleich verstärkt die Serialität der Belvedererahmen den Zusammenhalt der Werke untereinander, sie erleichtert in der Gleichartigkeit eine optimale Vergleichbar- keit, eine äquivalente Wertschätzung und eine Austauschbarkeit der Gemälde hinsichtlich der neuesten historischen Erkenntnisse. Dass nicht allein die visuelle Ordnung der Biblio- thek für den Vergleich mit dem Museum, insbesondere der Galerie, entscheidend war, sondern auch das einzelne Buch und seine Inhalte relevant sein konnten, zeigte bereits Lanzi, wenn er den Topos der Bibliothek nochmals aufgreift, um die Trennung von Italie- nern und Niederländern in zwei Kunsthemisphären zu demonstrieren. Der Wechsel und Übergang von einer Bibliothek mit lateinischen zu einer mit griechischen Dichtern wird in einer anspruchsvollen Reflexion über die Dichtung Theokrits in Beziehung gesetzt, um an- hand der gattungskonstitutiv erachteten Inhalts- und Gestaltungselemente des antiken Dichters den Stil der niederländisch/flämischen Schule zu charakterisieren.22 Bei Ritters- hausen spielt die Dialektik von Innen und Außen bei Büchern und Gemälden mehrfach eine Rolle: „So mag eine Gallerie wohl dem ‚besten eingerichteten Büchersaal‘ [Herv. d. Verf.] den Vorzug abstreiten: man wird nach der Ordnung da schnell sehen, was man dort nur erst nach langer Bücherdurchblätterung findet: die Geschichte, die Dichtkunst, die hohe Beredsamkeit: die Sprachlehre selber in Beobachtung des genauen Coustums die Weltweisheit: die wahre heilige Gottesgelehrtheit, [...].“23 Dass nicht mehr die ausgesuch- te Qualität der Gemälde allein für die neue Sammlungsaufstellung entscheidend war, kommentiert nochmals Rittershausen im Vergleich zur Bibliothek: „Man wird zwar sagen: dass es um so seltener seye verschiedene Manieren (wie man sie nennt) eines Meisters zu besitzen: daß eben deßwegen auch so gar schlechte Gemälde gesammelt werden; um das Alter, und den Fortgang der Kunst zu beweisen: daß in einer großen Bibliothek alle Gat- tungen Bücher stehen müssen. Hierauf ist meine demüthige Antwort: daß eben so wenig schlechte Gemälde in den Tempel des Geschmackes sollen gesetzt werden, als in eine ‚wohleingerichtete Bibliothek‘ [Herv. d. Verf.] Marcs Rumplers Kochbücher. Wiewohl auch noch hierinn unterschieden werden muß. Eine Bibliothek, weil sie nicht für das Herz allein, sondern hauptsachlich zur Bildung des Verstandes errichtet wird, kann, und muß öfters wegen der historischen Kenntniß auch die schlechtesten Charteken haben; wiewohl ich herzlich wünschte: daß alle Bücher vom mittlern Schlag in einem besondern Gemach lan- ge Weile verursachten, und nicht an einem Orte große Seelen wie die Harpyen quällten, welches der Bildung des Geistes so ganz allein gewiedmet ist: Das Hauptgebäude soll im- mer mit den ausgesuchtesten Schriftstellern angefüllt seyn. Freylich solche Bibliotheken hab ich in Deutschland noch wenige gesehen: denn, wo man hingeht, stehen einem im- mer trokene Moralisten entgegen, und drohen mit ungeheuren Bänden auf seinen Kopf den Einsturz herunter: [...].“24 Giuseppe Pelli Bencivenni, der von 1775 bis 1793 als Direk- tor der Galleria degli Uffizi amtierte, akzentuiert hingegen die materielle Widerständigkeit von Buch und Gemälde gegen die Vereinnahmung durch das System: „Ma nel [c. 7] se- guitare il mio disegno, il catalogo stesso delle pitture indicherà lo stato attuale di questo luogo. Le medesime saranno accennate nell’ordine in cui al presente si trovano, ed un indice alfabetico infine richiamerà tutti i pezzi di uno stesso autore. Si vorrebbero esposti i quadri nelle gallerie con ordine cronologico che servisse ad additare la storia ed il progresso della pittura, o per via di scuole e di autori che facilitasse i confronti del loro rispettivo merito e desse il criterio di conoscere le diverse loro maniere, ma le gallerie, sono ‘come le biblio- teche’ [Herv. d. Verf.], nelle quali la forma dei volumi fa ostacolo alle distribuzioni metodi- che.“25 In ihrer Materialität, d.h. aufgrund ihrer Ausmaße erlegen die Gemälde der abstrak- ten Systematik, nach denen sich die Wissensgegenstände ordnen sollen, eigene Bedingun-
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
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Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Europäische Museumskultur um 1800
Band
2
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
264
Kategorie
Kunst und Kultur
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