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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Seite - 447 -
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447 Patz Schulzimmer einzigen Weg zur Kenntnis zu gelangen) er Kenner der Kunst werden kann.“30 Noch 1783, dem Publikationsjahr vom Mechels Verzeichniß der Gemälde der Kaiserlich Königlichen Bil- der-Gallerie in Wien, erläutert der anonyme Rezensent in der Neuen Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste die neue Rezeptionsweise: „Die Gallerie ist also ge- ordnet, daß nicht nur jede der bisher angenommenen bekannten Schulen ihre eigne Zim- mer hat, sondern jedes Zimmer ist auch wieder besondern numerirt, so dass alle Bilder ei- nes Meisters zusammen hängen, und zwar dergestalt, daß der Anfang mit den ältesten Meistern einer Schule gemacht, und bis zu den neuesten in chronologischer Ordnung fortgegangen wird. Manche haben dieser Einrichtung allerlei Unbequemlichkeiten und Monotonie vorgeworfen; allein es ist doch auf der andern Seite, wenn das auch nicht ganz unbegründet seyn möchte, nicht zu leugnen, daß diese Methode unterrichtend, und für das Studium des Künstlers sowohl als des Liebhabers ungemein belehrend ist.“31 Mechels Neuordnung musste vor den Anhängern der dem Auge wohlgefälligen älteren Hängungs- weise verteidigt werden: „Indessen bis uns der Herr Görlitzer belehren wird, was nach sei- nen Begriffen der wahre Karakter einer Gallerie und Bildermusterkarte ist, und wie Herr von Mechel seine Grausamkeit gegen die kaiserliche Gemäldesamlung bis zu Mord und Todschlag getrieben hat, will ich blos eine algemeine Beschreibung von ihrem gegenwär- tigen Zustande machen, und ihre Wirkung auf mich erzählen. [...] Warum also der Verfas- ser des angeführten Briefs die Eigenschaften einer Gallerie an einer so ordentlich eingerich- teten Samlung vermisset, das wird dem Leser nunmehr so schwer zu begreifen sein, als mir: Es sind nur zwei Fälle möglich; eine Gemäldesamlung ist entweder nach einem be- stimten Plane geordnet, oder es hängen alle Stücke ohne Ordnung unter einander: ver- dient sie nur im ersten Falle den Namen einer Bildergallerie, wie ich glaube, so hat die Wie- ner durch des Herrn von Mechel Bemühung den Karakter einer Gallerie unstreitig mehr er- langet, als verloren.“32 Auch Friedrich Nicolai geht in seinem Reisehandbuch von 1785 implizit auf die Argu- mente des ‚Galeriemords‘ ein und vermittelt dem Leser das neuartige Sammlungs- und Ausstellungskonzept: „Die Hauptidee des Hrn. von Mechel war, die Gemälde nach den Schulen, und so viel möglich die Stücke von jedem Meister neben einander zu bringen; wozu, wie er selbst sagt, der Pallast des Belvedere sich so gut schickte, als ob er ausdrück- lich dazu wäre gebauet worden. [...] Es scheint mir sogar vorzüglicher, wenn eine große Sammlung von Gemälden in mehrere Zimmer vertheilt ist, als wenn sie auf gewöhnliche Art in einer großen weitläufigen Gallerie stehet. [...] Freilich fällt eine Sammlung von Ge- mälden in einzelnen Zimmern nicht so schnell in die Augen, als in einer großen weitläufi- gen Gallerie. Aber muß denn die Anordnung einer solchen Sammlung nothwendig auf den vorübergehenden ersten Eindruck, soll sie nicht vielmehr auf die stille fortwährende Betrachtung gerichtet seyn, welche anfänglich und auf den ersten Blick nur wenig ent- deckt, aber bey genauerm Anschauen immer mehr Schönheiten entwickelt, und von Ge- nusse zu Genusse ungesättigt fortschreitet? Daß jede der verschiedenen Schulen in Einem Zimmer zusammengebracht ist, wird eben so getadelt. Die meisten Künstler meinen, man könne bessere Wirkung erwarten, wenn Gemälde mehrerer Art untereinander gemischt sind, so daß eins das andere hebe. Man kann zugeben, daß jede Art der Zusammenstel- lung ihren Vorteil hat. Vielleicht aber ist es nicht so lehrreich, wenn manchem Gemälde durch die Zusammenstellung mit ganz fremden Arten ein scheinbarer Werth beygelegt wird, als wenn man Stücke von einerley Manier zusammen stellt, so daß jedes in seiner Art für das erkannt wird, was es ist. Ueberdieß, wenn die Werke der Meister von einerley Schu- le zusammen stehen, findet ein Kontrast zwischen Meister und Meister, zwischen Meister und Schüler Statt, der mir viel lehrreicher scheint, als wenn man z.B. ein helles Gemälde gegen ein dunkles setzet, um eins durch das andere zu heben. Der Geist ist in mehrerer Ruhe, wenn er Gegenstände von einerley Art überstehet, als wenn er durch Gegenstände
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Europäische Museumskultur um 1800
Band
2
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
264
Kategorie
Kunst und Kultur
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