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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Seite - 448 -
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448 Patz Schulzimmer von mancherley Art zerstreuet wird. Noch mehr öffnet sich ein Feld zu lehrreichen Be- trachtungen, wenn man ähnliche Dinge, die doch von verschiedener Art sind, betrachtet; am meisten, wenn man durch ähnliche Dinge stufenweise, von der mindern Schönheit zu der größeren geleitet wird.“33 Zudem verweist Friedrich Nicolai wie bereits zuvor der ano- nyme Verfasser des an Mechel gerichteten Schreibens auf die Aufstellung der Italiener in der Dresdner Bildergalerie: „Etwas ähnliches empfindet man auf eine andere Art in der innern Gallerie zu Dresden, wo die italiänischen Stücke zusammenstehen; und würde es vielleicht noch mehr empfinden, wenn die Einrichtung dort erlaubte, daß die Stücke jeder italiänischen Schule nebeneinander Platz fänden.“34 Gegenüber der klassischen Galerie bil- den für Nicolai erst die Schulräume die Voraussetzungen dafür, dass sich der Betrachter in den Geist vergangener Zeiten versenken und in der Anerkennung der subjektiven Stand- ortgebundenheit der Künstler ein Verständnis für die Individualität der einzelnen Schul- und Individualstile entwickeln kann. Empfindung und historisch-kennerschaftliche Er- kenntnis gehen dabei miteinander einher: „Jede Schule hat bekanntlich ihre Manier, und so auch jeder Meister. Das heißt, jeder Meister hat einen Augenpunkt, aus welchem er die so unbeschreiblich mannichfaltige Natur betrachtet, und hat seine Art, die Mittel, welche die Kunst zu Darstellung der Natur darbietet, zu gebrauchen. Wenn man sich nicht in die- sen Augenpunkt versetzt, so wird man kein Gemälde richtig empfinden und billig beur- theilen können. Ich dächte also, wenn man mehrere Gemälde eben derselben Schule und eben desselben Meisters nebeneinander betrachten und gleichsam bey der Betrachtung von eben der Manier ausgehen kann, mit der der Maler gemalt hat, so wird die wahre Kenntniß und die innige Empfindung der Kunst sehr gewinnen; und dieses ist doch wohl der hauptsächlichste Zweck einer großen Gemäldesammlung, nicht aber vorübergehen- de Augenbelustigung. Wenn die Anordnung der Gallerie zu Wien jene vorzüglich beför- dern kann, so ist sie wohl für sehr zweckmäßig zu achten.“35 Dass die einzelnen Schulräume nicht nur als Medium zur Ausbildung einer Kenner- schaft des Betrachters empfunden wurden, sondern der ausgestellte Stil der Schulen per se eine eigene ästhetisch-emotionale Wertigkeit besaß, die sich aufgrund der Konzentra- tion und im Wechsel der ‚Schulzimmer’ potenzierte, legt die nachfolgende Beschreibung der Belvederegalerie als topische Charakterisierung ihrer drei schulischen Sammlungs- schwerpunkte nahe: „Höchst anziehend war für mich die Vergleichung des Geistes, der in den verschiedenen Schulen athmet; wie der fleißige, aber beschränkte Holländer sich be- gnügt, die Natur mit täuschender Wahrheit nachzuahmen; die feurige Phantasie des Süd- länders in dem kühnen Bestreben, sie zu veredlen und zu übertreffen, [...] und in dem Rin- gen nach übernatürlicher Schönheit unnatürlich wird; der ruhige aber tief fühlende Deut- sche endlich nur leise und schüchtern sein tiefes Gemüth durch den Schleier der wirklichen Körperwelt durchscheinen läßt.“36 Katalog Im Rückblick bildete Mechels 1783 erschienenes Verzeichniß der Gemälde der Kaiserlich Königlichen Bilder-Gallerie in Wien,37 das die Gemälde seiner 1781 abgeschlossenen Hängung umfasst, den Endpunkt einer ambitionierten Reorganisation der kaiserlichen Ge- mäldegalerie in Wien, die nach neuester Quellenlage bereits 1765 mit einem detaillierten Programm ansetzt.38 Von den üblichen Inventuren unterschied sich diese Generalinventur grundsätzlich dadurch, dass ihr von Anfang an ein ‚inhaltliches Konzept zugrunde gelegt worden war.39 Im Rahmen der Reorganisation der kaiserlichen Sammlungen zum Zweck der Zusammenführung und gemeinsamen Aufstellung der Gemälde war man daher be- strebt gewesen, sich auch einen Überblick über den kunsthistorischen Wert der entspre- chenden Gemälde in den einzelnen Sammlungen und Schlössern zu verschaffen.40 Für den vorgesehenen Zweck der Neueinrichtung des Belvedere reichte die übliche Verzeichnung
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
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Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Europäische Museumskultur um 1800
Band
2
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
264
Kategorie
Kunst und Kultur
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums