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Décultot Museum als sichtbare Geschichte
on sentit la pillule, on me fit un couple de jour la mine, et a la fin quand je
voulait sçavoir la raison, on me disoit que je ne connoissoit pas les affaire,
j’ai répondu qu’on ne devoit pas m’en vouloir pour ça, qu’un Artiste qui ne
doit avoir rien de plus interressant que son talent, et a plaintre, quand il est
ocupez d’autre chose. [...]. jusque a présent nous n’avons pas encore vu ar-
rivé des Tableau de Dusseldorf. »24
Bald wurde Guttenberg klar, dass er seinen Traum, die Bilder der Düsseldorfer Galerie nach
den Originalen zu stechen, aufgeben und sich damit begnügen musste, anhand grober
Zeichnungen zu arbeiten.
Von Wille ließ sich Mechel allerdings nicht nur in der Struktur seiner geschäftlichen Ak-
tivitäten inspirieren, sondern auch in seinen künstlerischen und kunsthistorischen Orien-
tierungen. Während seines Aufenthalts in Paris nahm er an den Exkursionen teil, die Wille
mit seinen Schülern und „pensionnaires“ in die Pariser Umgebung unternahm, um direkt
in der Natur Landschaften zu zeichnen. So reiste er am 10. September 1760 zusammen
mit Adrian Zingg und Johann Caspar Mörikoffer (1738–1800) nach Longjumeau, einem
einige Wegstunden von Paris entfernten Städtchen, um dort pittoreske Motive zu zeich-
nen.25 Damit hat der Verkehr mit Wille zum besonderen Interesse beigetragen, das Mechel
von seinem Pariser Aufenthalt an bis zum Ende seiner Karriere Landschaften bekundete.26
Die Landschaften des Tirolers Franz Edmund Weirotter (1730–1771), der zwischen 1759
und 1763 bei Wille arbeitete, machten großen Eindruck auf den Schweizer Stecher, der
sich seinen flüssigen Stil in seinen eigenen Landschaften anzueignen versuchte. Aus Me-
chels Basler Werkstatt ging später eine Serie von Schweizer Veduten heraus, die — neben
einer Reihe von Trachtenbildern — als aufschlussreicher Beitrag zum Helvetismus des aus-
gehenden 18. Jahrhunderts betrachtet werden können.27
Willes Gepräge kann man schließlich in Mechels Interesse für die altdeutsche Kunst
und für die Etablierung der damals noch wenig üblichen kunsthistorischen Kategorie der
„deutschen“ Malerschule erkennen. Ganz dezidiert verstand sich Wille als Vermittler und
Befürworter der deutschen Kultur in Frankreich und in ganz Europa überhaupt. Zu seinem
Engagement gehörte nicht nur die Verbreitung der zeitgenössischen deutschsprachigen
Literatur und Kunst, sondern auch die Förderung einer neuen Kunstgeschichtsschreibung,
die den deutschen Künstlern die ihnen gebührliche Anerkennung in der Geschichte der
bildenden Künste zollen würde.28 Mit großem Interesse verfolgte er seit den 1750er Jah-
ren die Entstehung von Johann Caspar Füsslis Geschichte der besten Künstler in der Schweitz,
zu der er mit zwei Viten beitrug.29 An Jean-Baptiste Descamps’ Vitensammlung der flämi-
schen, deutschen und holländischen Maler La vie des peintres flamands, allemands et hol-
landois nahm er regen Anteil, indem er u.a. dafür Übersetzungen aus Füsslis Geschichte an-
fertigte.30 Mit Eifer sammelte er die Viten von Augsburger, Frankfurter oder Wiener Künst-
lern und forderte den Herausgeber der „Bibliothek der schönen Wissenschaften“ Christian
Felix Weiße in Leipzig auf, Nachrufe auf deutsche Künstler oder Viten längst verstorbener
deutschsprachiger Maler zu publizieren.31 1756 erschien im Pariser „Journal étranger“ ein
Essai sur l‘Histoire des Peintres Allemands, der von seinem Augsburger Freund Jacob Emma-
nuel Wächtler unterzeichnet ist, mit großer Wahrscheinlichkeit aber von ihm veranlasst, ja
z.T. mit ihm zusammen verfasst wurde.32 „Les Peintres Allemands n’ont pas été jugés avec
assez d’équité“, stellt Wächtler am Anfang dieser Schrift fest und weist den — u.a. von Ro-
ger de Piles formulierten — Vorwurf des „gotischen“, „barbarischen“ Geschmacks der
deutschen Maler energisch zurück. Ein Grund für die bisherige Verkennung, ja Missach-
tung der deutschen Schule sei, dass viele eigentlich deutsche Maler wie etwa C.W.E. Diet-
rich unter einem italienischen Namen — Diterici — bekannt seien. Es gelte also, diese
Künstler für die deutsche Schule zurückzufordern. Selbst Rubens, der als in Köln geboren
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
- Untertitel
- Europäische Museumskultur um 1800
- Band
- 2
- Autor
- Gudrun Swoboda
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79534-6
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 264
- Kategorie
- Kunst und Kultur