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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Seite - 465 -
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465 Décultot Museum als sichtbare Geschichte und aufgewachsen dargestellt wird, solle eigentlich nicht der „flämischen Schule“ zuge- rechnet, sondern für die deutsche Kunstgeschichte „reklamiert“ werden. Als „Haupt der deutschen Schule“ („chef de l’Ecole Allemande“) wird Dürer bezeichnet.33 Eine ähnliche Verteidigung der deutschen Schule konnte man in den Schriften Carl Ludwig von Hage- dorns lesen, mit dem Wille eng befreundet war und für den er entschieden eintrat.34 Da- bei muss hervorgehoben werden, dass Willes Bemühungen um die Anerkennung einer spezifisch deutschen Malerschule nicht erfolglos blieben. Waren die deutschen Künstler in den Versteigerungskatalogen vor etwa 1750 meistens unter dem Begriff „Ecole des Pays- bas“, „Ecole du nord“ oder „Ecole hollandaise“ subsumiert worden, so wurden sie ab der Mitte des 18. Jahrhunderts zunehmend als Vertreter der „Ecole allemande“ dargestellt.35 In einem 1758 in der „Bibliothek der schönen Wissenschaften“ veröffentlichten Schrei- ben [...] an Herrn Fuißli ging Wille auf die Eigenschaften der deutschen Schule näher ein. Vorbild und Quelle der deutschen alten Kunst sei von vornherein die Natur gewesen: „Der Maler von der alten deutschen Schule ward von der Natur geleitet, nach ihr bildete er sich seine Begriffe. Er ahmete keine Nachahmung nach. Er schuf sich seine Kunst wie in der Einsamkeit. Er zeichnete nach der Natur, wie er sie hatte, richtig, feste, aber mit Bedacht, so lange, bis ihm eine schö- nere Natur höhere Begriffe bildete. Ist er deswegen nicht eben so achtbar, eben so wahr, in dem Grade der Natur, welchen er gesehen hatte, von wel- chem er sich nur Begriffe machen konnte, als der römische Maler, sein Zeit- verwandter?“36 Damit hätten die deutschen Künstler grundlegende Ähnlichkeiten mit den alten griechi- schen Künstlern aufgewiesen: „Die Natur, welche die Griechen gelehret hatte, konnte die Deutschen unterrichten.“37 Allerdings unterschieden sie sich dadurch auch grundsätzlich von den alten römischen Künstlern, die die Kunstwerke der Griechen nur „nachgeahmet“ hätten: „wer nachahmet, hat Mühe original zu werden. Sie [= die alten römischen Künstler] hatten fast alle Vortheile der Griechen, Künstler zu seyn; aber sie waren Knechte, und daher weniger fähig, frey, edel und erhaben zu denken, als der freye, edle, denkende Grieche.“38 In Willes breit angelegtem kunstgeschichtlichen Überblick, der in vielfacher Ver sion einige Monate vor Mechels Ankunft in Paris publiziert wurde,39 erscheinen somit die deutschen Künstler als direkte Nachfolger der Altgriechen, die als einzige in der Moderne deren Naturnähe, Freiheit und Originalität weiter gepflegt hätten. Es ist kaum zu bezweifeln, dass solche Ausführungen auf Mechels Verständnis der europäischen Kunstge- schichte einen erheblichen Einfluss ausgeübt haben. Sein reges Interesse für Holbeins Werke und ganz besonders für dessen Totentanz, seine Beschäftigung mit der „Kunstge- schichte Helvetiens“40 und schließlich seine Arbeit an der Neuordnung der Belvedere- Galerie können als direkte Auswirkungen, ja teilweise als Verwirklichungen von Willes kunstgeschichtlichem Programm betrachtet werden. Vor allem sein Interesse an der kunst- geschichtlichen Bedeutung der deutschen Schule scheint dem Pariser Meister direkt geschuldet zu sein. Aus dem „Vorbericht“, der den von ihm fertig gestellten Katalog der Belvedere-Galerie eröffnet, geht deutlich hervor, dass die königlich kaiserliche Sammlung ihn vor allem als sichtbare Geschichte der „teutschen Schule“ interessierte: „In diesem Catalogue kann sodann die merkwürdige Geschichte dieser Sammlung, oder welches wegen der engen Verbindung eben so viel ist, der Geschichte teutscher Kunst im ganzen Umfange, behandelt, und da sowohl, als bey Beschreibung der seltenen Stücke, die vielen Bemerkungen, die bald die Kunst bald die blosse Geschichte angehen, mitgetheilt werden.“41
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Europäische Museumskultur um 1800
Band
2
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
264
Kategorie
Kunst und Kultur
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums