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Gaehtgens Auf dem Weg zur Kunstgeschichte
Aber auch ein ganz konkreter Punkt musste zu Schwierigkeiten zwischen den beiden kon-
kurrierenden Herausgebern führen. Für die Stiche, ob für großformatige Tafeln oder für
kleine miniaturhafte Reproduktionen, mussten die Gemälde in Düsseldorf abgezeichnet
werden. Mit dieser Aufgabe hatte Krahe bereits seine Kollegen an der Düsseldorfer Akade-
mie beauftragt.
Der Kurfürst, Carl Theodor, sah sich genötigt, den Streit zwischen den beiden Parteien
zu schlichten. Er untersagte, die beiden Unternehmen als konkurrierende anzusehen, und
verfügte, dass die Zeichnungen auch dem Unternehmen von Pigage und Mechel dienen
sollten. Die Auseinandersetzungen waren damit keineswegs beendet, zumal Krahe an
seinem Projekt festhielt.
Wie allerdings ist der erste illustrierte Gemäldekatalog entstanden? Mit der Herstellung
des Kataloges waren größte technische und finanzielle Schwierigkeiten verbunden. Die
ungeheuren Kosten, die ein solches verlegerisches Werk mit sich brachten, wurden nicht
vom Eigentümer der Düsseldorfer Galerie, dem Kurfürsten Carl Theodor, aufgebracht. Der
Fürst überließ großzügig die Rechte der wirtschaftlichen Auswertung, half aber nicht bei
der Herstellung des Produkts.
IV. Die Vorzeichnungen im Getty Research Institute
Im Jahre 1987 erwarb das Getty Research Institute (GRI) ein Konvolut von über 500 Zeich-
nungen und Stichen, das bisher noch keine ausführliche Würdigung erhielt. Unschwer
herauszufinden war, dass diese Zeichnungen mit der Planung des berühmten illustrierten
Kataloges der Düsseldorfer Gemäldegalerie, den Nicolas Pigage und Christian von Mechel
im Jahre 1778 veröffentlichten, verbunden sind. Die Zeichnungen zu ordnen und in ihrer
Funktion zu erklären, ein nicht ganz einfaches Unternehmen, soll im Folgenden versucht
werden. Das gesamte Zeichnungscorpus und die Probedrucke stammen aus der Werkstatt
Christian von Mechels in Basel.13
Es handelt sich zunächst (I) um einen offenbar in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun-
derts in Leder gebundenen und mit dem Wappen des Hauses Pfalz-Neuburg versehenen
schweren Band (Abb. 9a, b). Er enthält 359 Zeichnungen, meist Rötel, unterschiedlichen
Formates, die in keiner erkennbaren Ordnung auf die Seiten aufgeklebt sind. Ein zweites
Konvolut (II) umfasst 149 Zeichnungen, meist in Bleistift, in vielen Fällen quadriert und
auf 43 losen Blättern befestigt (Abb. 10). Diese Zeichnungen gehören sichtlich zu einem
weiteren Klebeband (III) mit 159 Zeichnungen auf 53 Seiten, der im Kupferstichkabinett
Basel aufbewahrt wird.
Das GRI besitzt ferner einen Klebeband mit Zeichnungen (IV), die die Wände der Düs-
seldorfer Galerie abbilden, so wie sie in dem Katalog von Pigage und Mechel erscheinen
(Abb. 11). An einigen Stellen sind Bilder ausgeschnitten worden, offenbar um sie an ande-
rer Stelle zu verwenden. Die Nummerierung der Gemälde ist an vielen Stellen verändert
worden.
Endlich bewahrt das GRI einen Fond (V) mit den Zeichnungen, die als unmittelbare
Vorlagen für die Ausführung durch die Stecher des Werkes von Pigage und Mechel benö-
tigt wurden (Abb. 12). Diese Blätter geben die Gemälde in dem Kleinformat der ausge-
führten Stiche wieder. Das Konvolut enthält ferner alle Stiche des Katalogs in mehreren
Probedrucken in unterschiedlichen Farben.
Diese umfangreiche, zunächst verwirrende Sammlung an Zeichnungen und Stichen ist
von außerordentlichem Interesse, vermag sie doch näheren Aufschluss über die Planungs-
geschichte dieses höchst aufwendigen und kostspieligen Unternehmens zu geben.
Pigage und von Mechel hatten zunächst die Zeichner zu finanzieren, die die Vorlagen
für die Stecher lieferten. Da der Kurfürst vernünftigerweise nicht genehmigte, die Bilder
nach Basel in die Druckerwerkstatt von Mechel zu transportieren, wurden die Zeichnungen
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
- Untertitel
- Europäische Museumskultur um 1800
- Band
- 2
- Autor
- Gudrun Swoboda
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79534-6
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 264
- Kategorie
- Kunst und Kultur