Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Seite - 493 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 493 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2

Bild der Seite - 493 -

Bild der Seite - 493 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2

Text der Seite - 493 -

493 Gaehtgens Auf dem Weg zur Kunstgeschichte Kreuzabnahme Luca Giordanos (Cat. 109) links, um sich dann der Auferweckung des Lazarus (Cat. 110) desselben Malers auf der rechten Seite zuzuwenden. Benutzt der Besucher den Katalog, muss er nun wieder auf die linke Seite und zwar ganz nach links gehen, um die Rettung der Agrippina von Carl Loth (Cat. 111) zu betrachten, für das nächste Bild aber wieder auf die andere Seite gehen, um am äußersten rechten Rand Tintorettos Verkündigung (Cat. 112) zu betrachten. Für Pigage und Mechel war weniger die Benutzung in der Galerie die Richtschnur als vielmehr die Betrachtung der Stiche. Die Abfolge der Nummern repräsentiert die Systema- tik der Hängung und folgt damit dem ästhetischen Prinzip, das Krahe der Ordnung der Galerie zugrunde legte. Man muss annehmen, dass der Akademiedirektor dem Autor des Kataloges seine Überlegungen übermittelt hat. Damit ist aber noch nicht alles gesagt. Betrachtet man die Wände im Einzelnen, kann man noch weitere Richtlinien feststellen, die Krahes Hängung bestimmt haben. In die symmetrische Anordnung war eine künstlerische, kennerschaftliche, um nicht zu sagen kunsthistorische Perspektive integriert. Ein Blick auf die Hauptwand der flämischen Schule im ersten Raum würde den heutigen Besucher verwirren. Nicht so sehr der Fülle der Ge- mälde wegen, sondern die Anordnung würde ihm fremdartig vorkommen. Offenbar hat Krahe keinen Wert darauf gelegt, Themen zusammen zu hängen. Das führt dazu, dass das großformatige Madonnenbild oben durch dramatische und grausame Tierkämpfe ge- rahmt wird. Darunter befanden sich mythologische Szenen von Gérard Lairesse und ganz unten Bildnisse. Merkwürdig ist auch, dass in der unteren Reihe auf beiden Seiten des Mit- telbildes konsequent ein ganzfiguriges Bildnis mit einer dramatischen Tierszene abwech- selt. Die Erklärung für diese Hängung kann dem Katalog entnommen werden. Neben der systematischen Ordnung, möglichst nach Pendants, suchte Krahe den Betrachter auf die unterschiedlichen Stile der Maler in der flämischen Schule aufmerksam zu machen (Abb. 3). Er setzte also bewusst gegensätzliche künstlerische Ausdrucksweisen nebeneinander. Nimmt man nur die Mitte der Wand, so stellt das zentrale Bild eine ausgewogene Kompo- sition, grande et fière, dar, während die rahmenden Tierszenen oben den effet terrible und feu et force de la composition zum Ausdruck bringen. Bei Lairesse in der Mitte werden die beauté de détail und die grâce beobachtet, während der Katalog bei den Bildnissen unten die vérité de la nature betont. Krahe hat offenbar in seiner Ordnung der Galerie die maleri- schen Ausdrucksweisen der flämischen Kunst nebeneinander gestellt, um dem Betrachter durch Vergleich die künstlerische Vielfalt deutlich zu machen. Dieses didaktische Prinzip war sicherlich dazu bestimmt, den Studenten der Düsseldorfer Akademie wie auch den Be- suchern zu dienen. Hängung und Katalog ergänzten sich in der Vergegenwärtigung einer „sichtbaren Geschichte der Kunst“, soweit die Düsseldorfer Sammlung dies ermöglichte. In der Sammlung Johann Wilhelms von der Pfalz befand sich eine relativ große Anzahl von Madonnenbildern. Es ist aufschlussreich, wie Krahe sie auf der großen Wand des Itali- enersaals anordnete. Auf jeder Seite wurde das Mittelbild von Cignani von jeweils zwei übereinander gehängten Madonnenszenen gerahmt. Rechts hing das berühmte Gemälde aus der Sammlung Cariani von Raphael (Cat. 122), das mit dem ebenso bedeutenden Werk Andrea del Sartos (Cat. 121) verglichen werden konnte. Die beiden als weniger be- deutend eingeschätzten Gemälde von Giulio Procaccini (Cat. 119) und Parmigianino (Cat. 120) wurden, dem Betrachter entfernter, darüber gehängt. Besonders charakteristisch für Krahes Aufforderung an den Besucher zu vergleichender Betrachtung ist die Hängung im vierten Saal (Abb. 19). Der Passionszyklus von Rembrandt (Cat. 214–219) und der sehr viel umfangreichere von Adriaen van der Werff (Cat. 221– 237) wurden übereinander gehängt, um die Unterschiede von malerischer Gestaltung und Feinmalerei vor Augen zu führen.
zurück zum  Buch Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2"
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Europäische Museumskultur um 1800
Band
2
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
264
Kategorie
Kunst und Kultur
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums