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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
Seite - 496 -
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496 Gaehtgens Auf dem Weg zur Kunstgeschichte neuernannten Galeriedirektoren in den wichtigsten Kunstzentren mit der Frage konfron- tiert, wie den Sammlungen eine neue und moderne Form gegeben werden kann. In Dres- den wurde 1764 Carl Heinrich von Heinecken (1707–1791) von Christian Ludwig von Ha- gedorn (1712–1780) abgelöst, und in Florenz gestaltete Luigi Lanzi (1732–1810) seit 1775 die Uffizien um. In allen diesen Orten setzte sich ein neues Paradigma durch. Die Ge- mälde wurden nach Schulen und innerhalb dieser Kategorie, wenn es das ästhetische Prin- zip der Symmetrie erlaubte, chronologisch geordnet. Natürlich konnte diese Methode nicht an allen Orten auf die gleiche Weise durchgeführt werden. Nicht alle Fürsten verfüg- ten über so umfangreiche Kollektionen wie Dresden und Wien. Aber die Tradition, Samm- lungen nach ästhetischen Prinzipien aufzuhängen, wobei meist Maler mit der Ordnung beauftragt waren, wurde in eine neue Richtung gelenkt. Fachleute, die sowohl Kenntnisse der Malerei wie auch der Kunstgeschichte aufwiesen, bestimmten nun die Ordnung und die Funktion der Galerien. Sie sollten nicht mehr allein der fürstlichen Repräsentation oder als Vorbildsammlung für Maler, sondern der allgemeinen Bildung und damit einem weite- ren Kreis als dem Hof dienen. Die Galerien in Dresden und Düsseldorf wurden in diesem Sinne neu gestaltet und be- einflussten die umfangreichste Bildergalerie, die des österreichischen Kaisers in Wien. Es war Christian von Mechel, der sich durch den Düsseldorfer Katalog einen Namen gemacht hatte, der 1778 den Auftrag erhielt, den Umzug der Gemälde aus der Stallburg in das Obere Belvedere durchzuführen. Die dort von ihm vorgenommene konsequente Auftei- lung nach Schulen setzte die in Düsseldorf und Dresden begonnene, aber noch nicht voll- ständig durchgeführte Ordnung fort. Wien führte zum ersten Mal die „sichtbare Geschich- te der Kunst“ durch, wie es Mechel im Vorwort seines Kataloges zum Ausdruck brachte.25 Dieser modernen Neuordnung lag die Auffassung zugrunde, die Galerie müsse eine neue Funktion erhalten. Aus dem fürstlich-repräsentativen Rahmen herausgenommen, sollte die Kunst eine pädagogische Aufgabe erfüllen. Ihre ästhetische Wahrnehmung und die Kenntnis ihrer historischen Entwicklung wurden miteinander verbunden. Auf diese Weise repräsentierten die Galerien die „sichtbare Geschichte der Kunst“ und wurden zu Lehrgebäuden der entstehenden Disziplin Kunstgeschichte. Pigages, Mechels und Laveaux’ Katalog der Düsseldorfer Galerie kann aber noch in ei- nem weiteren Zusammenhang betrachtet werden. Wie ich am Anfang bemerkte, förderte die Anschauung der neugeordneten Galerien die Entstehung des Faches Kunstgeschichte. Oder, um es anders zu sagen, die entstehende Disziplin entfaltete die Grundlagen zu einer Neuordnung der Galerien und letztlich zur Entstehung des öffentlichen Kunstmuseums. Der Düsseldorfer Katalog sollte auch noch in einem anderen Zusammenhang be- trachtet werden. Ingrid Vermeulen hat in ihrem Buch Picturing Art History, The Rise of the Illu strated History of Art in the Eighteenth Century jüngst auf die Bedeutung der Geschichte der Illustrationen kunsthistorischer Literatur im 18. Jahrhundert verwiesen. Der Düssel- dorfer Katalog repräsentierte einen entscheidenden Schritt in dieser Entwicklung. Die Stiche konnten als Veranschaulichung einzelner Schulen der Malereigeschichte angesehen wer- den, die im Text ihre genaue Erläuterung fanden. Noch stellten die Stiche jedoch Wieder- gaben der Wände einer Galerie dar. Kaum eine Generation später vergegenwärtigten die Stiche in J.-B. Séroux d’Agincourts Histoire de l’art par les monumens depuis sa décadence au IVe siècle jusqu’à son renouvellement au XVIe, Paris 1810–1823, die Entwicklung der Stilge- schichte von einer Epoche zu einer anderen. Damit hatte sich das Fach über die Ordnung nach Schulen im Museum als Disziplin etabliert, künstlerische Zusammenhänge über Epochen, Nationen und Räume hinweg als Thema der Forschung deuten zu können.
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Band 2
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Titel
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Untertitel
Europäische Museumskultur um 1800
Band
2
Autor
Gudrun Swoboda
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
264
Kategorie
Kunst und Kultur
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