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Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
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Seite - 64 - in Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf

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Christine Neugebauer-Maresch, Eva Lenneis64 neugeborenen Kind (Grab Verf. 5–1 und 5–2 – Abb.  20 und Tafel 15) liegen beide in gleicher Weise auf der linken Seite, die Frau mit mäßig angehockten Beinen, das Baby fast noch in Embryonalhaltung. Diese Frau ist gleichzeitig die einzige Seitenhockerbestattung, bei der die Arme nicht einfach vor dem Rumpf und die Hände vor dem Gesicht liegen, sondern die Unterarme sind nahezu in einem rechten Winkel vom Rumpf weg nach vorne gelegt – wohl um Platz für das Kleinkind zu lassen. Bei der zweiten Doppelbestattung handelt es sich um zwei etwa 3½ Jahre alte Kleinkinder, von denen eines in linker Seitenlage mit stark angehockten Bei- nen gebettet worden war, das zweite Kind fand sich in Rü- ckenlage an das erste angedrückt mit nur ganz wenig ange- hockten nach rechts gelegten Beinen (G. 17a, b – Tafel 13). Letzteres gehört damit zu den hier seltenen rechten Ho- ckerbestattungen, worauf in weiterer Folge noch näher ein- gegangen wird. Alle Toten von Kleinhadersdorf sind in Hocklage be- stattet worden, wobei die linke Hocklage die Regel darstellt (35–5  %), die rechte auffällig selten ist (6–15  %) (Tabelle  4 und Abb.  18). Einige Fälle sehr schlechter Erhaltung der Skelette erlauben keine genaue Feststellung der Totenlage (G. 3, G. 6, Grab Verf. 32), jedoch ist auch hier die Hocklage wahrscheinlich. 14 Gräber enthielten zwar anthropologisch bestimmbare Reste, doch fanden sich diese in völlig zerstör- ter Lage (Abb.  19). Von den auch nach ihrem Geschlecht bestimmbaren Er- wachsenen gibt es nur ein Individuum in rechter Hocklage. Es ist eine adulte Frau (Grab Verf. 55), die sich noch durch weitere Besonderheiten auszeichnet. Sie ist nach den 14C- Daten die älteste Bestattung dieses Friedhofs (siehe Kapitel 6.1), sie war mit einem der beiden Spondyluskolliers ausge- stattet (siehe Kapitel 5.3) und ihre Knochen haben Stronti- um-Werte ergeben, die sie als „Fremde“ ausweisen (siehe Kapitel 6.5). Eine zweite erwachsene Person, deren Ge- schlecht nicht mehr bestimmbar war, ist nicht nur in rechter Hocklage, sondern insgesamt in einer sehr ähnlichen Positi- on bestattet worden (Tafel 34: Grab Verf. 49). Die weiteren Toten in dieser seltenen Lage sind ein juveniles Individuum (Grab Verf. 67-2), zwei kleine Kinder (Grab Verf. 7, G. 17b) und ein aufgrund der mangelnden Knochenerhaltung völlig unbestimmbares Individuum (G. 2 – Tafel 7). Die Art der Hocklage variiert von ganz extrem bis zu einer Lage der Beine in einem etwa natürlichen 45° Winkel. Eine Zusammenstellung der besten Beispiele geordnet nach Geschlecht und Alter zeigt, dass die Intensität der Anho- ckung der Beine nicht geschlechts- oder altersspezifisch war, denn selbst bei den kleinen Kindern ist die gesamte Va- riationsbreite festzustellen (Abb.  20). Bei den gut dokumen- tierten Erwachsenen mit ganz extrem angezogenen Beinen hat man den Eindruck, dass der Leichnam in eine etwas knapp bemessene Grabgrube mehr oder weniger hineinge- presst wurde. In einzelnen Fällen lagen dadurch die Beine nicht mehr in einem Niveau mit dem Oberkörper der Be- stattung (z.  B. Grab Verf. 17 – Tafel 19; Grab Verf. 29 – Tafel 25; Grab Verf. 56 – Tafel 36; Grab Verf. 67-2 – Tafel 40), was in allen Fällen am besten auf den jeweiligen Fotos zu sehen ist. Bei knapp zwei Drittel oder 65  % der Hockerbestattun- gen von Kleinhadersdorf fand sich auch der Oberkörper in Seitenlage (Abb.  20 und 21). Mit Ausnahme der bereits oben beschriebenen Frau von Grab Verf. 5–1 liegen die Arme bei dieser seitlichen Hocklage in ganz natürlicher Weise (etwa Schlafhaltung) vor dem Rumpf, die Hände etwa vor dem Kopf. Bei neun Erwachsenen sowie drei Kleinkindern (insge- samt 35  %) handelt es sich um sog. Rückenhocker, bei denen der Oberkörper in Rückenlage, der Kopf und die Beine aber in gleichgerichteter Seitenlage angetroffen wurden (Tabel- le  4). Diese Art der Positionierung ist bei einer adulten Frau (Grab Verf. 65 – Tafel 39) klar zu sehen, eine zweite Frau, deren Beine leider zerstört waren, dürfte ähnlich gebettet gewesen sein (Grab Verf. 32 – Tafel 26). Bei den Männern ist diese Lage sogar insgesamt siebenmal festzustellen (Grab Verf. 3 – Tafel 15; Grab Verf. 17 – Tafel 19; Grab Verf. 29 – Tafel 25; Grab Verf. 40 – Tafel 29; Grab Verf. 69 – Tafel 43; Grab Verf. 79 – Tafel 46; Grab Verf. 81 – Tafel 50), bei den Kleinkindern nur dreimal (G. 17a – Tafel 13; Grab Verf. 11 – Tafel 17; Grab Verf. 26 – Tafel 23). Die Armhaltung ist bei diesen Rückenhockern nicht so einheitlich wie bei jenen in Seitenlage. Die Oberarme liegen zumeist annähernd parallel zum Rumpf, die Unterarme können gleichgerichtet parallel nach einer Seite (Grab Verf. 11, 17, 26, 65, 69) liegen, vor dem Rumpf gekreuzt sein (Grab Verf. 29, 32, 79, 81) oder seitlich des Rumpfes jeweils einzeln in einem extrem spitzen Winkel nach oben liegen (Grab Verf. 40 – Tafel 29). Die zu- letzt genannte Armhaltung wirkt etwas unnatürlich und legt den Verdacht nahe, der Oberkörper dieses Mannes sei Abb.  21: Kleinhadersdorf: Totenlage – %-Anteile Seiten-, Rücken- und Bauchlage (E. Lenneis).
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Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
Titel
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
Autoren
Christine Neugebauer-Maresch
Eva Lenneis
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-7001-7598-8
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
406
Schlagwörter
Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
Kategorien
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