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Christine Neugebauer-Maresch, Eva
Lenneis68
ist bei drei Frauen (= 30 % der Frauen), drei Männern (=
18,75 % der Männer) und bei drei Kindern (= 16,6 % der
Kinder und Juvenilen) nachgewiesen, also insgesamt bei
neun Personen, d. h. bei 22 % der 41 Bestattungen, deren
Totenlage dokumentiert ist, oder 15,8
% aller Körpergräber
(n = 57). Im Vergleich zu dem sonst in so vielem ähnlichen
Gräberfeld Vedrovice stellen diese Werte eine deutlich ge-
ringere Frequenz dar, und zwar sowohl insgesamt als auch
bei den einzelnen Geschlechts- bzw. Altersgruppen78. Nur
je einmal ist hingegen Rötelstreuung aus den Gräberfeldern
von Nitra, Mangolding, Derenburg und Halberstadt sowie
Elsloo nachgewiesen, während in Niedermerz 10 % (11)
und in Ensisheim 57
% (21) der Bestattungen so behandelt
wurden79. In Aiterhofen beschränkt sich die Ockerstreuung
nur in fünf Fällen auf den Kopf, zweimal wurde auch der
Oberkörper bestreut. Die Gesamtfrequenz ist damit aber
sehr gering (3
%)80. Diese bemerkenswerte Variabilität, de-
ren Beispiele hier nicht erschöpfend angeführt wurden,
macht deutlich, dass dieses vermutlich aus dem Mesolithi-
kum überlebende Totenbrauchtum in den verschiedenen
Regionen der LBK sehr unterschiedliche Bedeutung hatte.
Während im Westen, besonders im Rheingebiet, dieser
Brauch auch in der Spätzeit der LBK noch intensiv geübt
wurde, dürfte er im östlichen Mitteleuropa allmählich an
Beliebtheit eingebüßt haben. Die Gemeinschaft, die ihre To-
ten im Gräberfeld von Kleinhadersdorf bestattete, übte die-
ses alte Totenbrauchtum zwar nicht mehr allzu häufig aber
doch mindestens bis zum Ende der LBK-Phase II a, viel-
leicht sogar etwas darüber hinaus (Grab Verf. 81 – siehe
oben).
5.1.2 Brandgräber / Verfärbungen mit verbrannten Knochen
(Christine Neugebauer-Maresch, Eva Lenneis)
Die Bestimmung der genauen Anzahl der Brandgräber ist
noch schwieriger als jene der Körpergräber. Aus den Altgra-
bungen von 1931 gibt es keinerlei Hinweise, was wohl auf-
grund der angewandten Grabungstechnik wenig erstaunt.
Es ist jedoch festzuhalten, dass auch bei den späteren, syste-
matischen Untersuchungen in jenem zentralen Bereich des
Gräberfeldes keine Spuren von Brandgräbern entdeckt
wurden. Die meisten Hinweise auf Reste von Brandgräbern
fanden sich im N-Teil des Gräberfeldes, nur eines (Grab
Verf. 37) kam in der südlichsten Grabgruppe zutage (siehe
Kapitel 6.2, Abb. 56). Alle Leichenbrandreste wurden in
Streulage, zumeist in der Grabfüllung gefunden und sind
78. Podborský 2002b, 332 f.: insgesamt 28 Bestattungen (34,5
%).
79. Jeunesse 1997, 102. – Modderman 1985, 96 / Tabelle
4. – Fritsch
et al. 2011, 86 f.
80. Nieszery 1995, 161 f. leider bis auf geringe Reste verloren gegangen (siehe Teil II
Anthropologie). Die geringe Tiefe der Grabgruben, die Stö-
rung/Zerstörung mancher Grabgruben führte zu einer
schwierig zu interpretierenden Befundsituation (Details
siehe Gesamtinventar Kapitel 4.2 und 4.3). Die verkürzte
Zusammenstellung auf Tabelle 5 soll einen Überblick er-
möglichen. Wie diese Tabelle
zeigt, gibt es nur vier Befunde,
die einigermaßen sicher als Brandgräber anzusprechen sind
(Verf. 37, 46, 54 und 82). In zwei Verfärbungen fanden sich
einzelne verbrannte Knochenreste verstreut in der Füllung
(Verf. 44 und 49). Da die Knochen bedauerlicherweise ver-
loren gingen, kann heute nicht mehr entschieden werden,
ob es sich dabei um Reste von Leichenbrand oder von ver-
brannten Tieren handelte.
Die vier Gruben der Brandgräber hatten annähernd
runden Umriss und können daher nicht nach den Himmels-
richtungen orientiert worden sein. Die Dimensionen dieser
Grabgruben variieren zwischen 40×40 bis 80×80 cm. Die
Beisetzung des Leichenbrandes muss entweder völlig unge-
schützt oder (wahrscheinlicher) in einem Behälter aus orga-
nischem Material stattgefunden haben.
Nur zwei der vier Brandgräber sind durch die Keramik
datierbar: Grab Verf. 54 enthielt u.
a. Keramikfragmente der
Phase LBK II a und überlagerte Körpergrab Verf. 55 mit
dem ältesten 14C-Datum des Gräberfeldes. In Grab Verf. 37
kamen mehrere, eindeutig in die Spätphase der LBK (Phase
III nach der mährischen Chronologie) zu datierende Bruch-
stücke zutage, ein Gefäß zeigt die typische Zierweise der
mittleren Phase der Želiezovce-Gruppe (Details dazu siehe
Kapitel 5.2.3.1). Für die übrigen Befunde mit Leichen-
brandresten fehlen datierende Hinweise.
In den Gräberfeldern der LBK gibt es erst ab der mittleren
Phase Nachweise von Brandgräbern. Dementsprechend
fehlen diese in den ältesten Nekropolen, deren Belegung
noch überwiegend in der älteren LBK stattfand, wie im be-
nachbarten Mähren in Těšetice und Vedrovice, in den thü-
ringischen Gräberfeldern von Sondershausen und Bruch-
stedt sowie im rheinländischen Flomborn. Geographisch
scheint die Sitte der Brandbestattung innerhalb der LBK auf
das Rhein-/Maas- und Rhein-/Main-Gebiet, das Umfeld
der Donau sowie auf das Elbe-/Saale-Gebiet beschränkt,
aus dem Elsass und aus Frankreich fehlen vorläufig entspre-
chende Nachweise81. In den weitaus überwiegenden Fällen
fand sich der Leichenbrand so wie in Kleinhadersdorf völlig
ungeschützt (zumindest von unvergänglichem Material) im
Boden. Die Nutzung von Keramik als Urnen ist in der LBK
noch unbekannt, der Schutz des Leichenbrandes durch
übergestülpte, also auf der Mündung liegende Gefäße bis-
81. Lenneis 2007, 131 und Fig. 1.
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Titel
- Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Autoren
- Christine Neugebauer-Maresch
- Eva Lenneis
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-7598-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 406
- Schlagwörter
- Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen