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Christine Neugebauer-Maresch, Eva
Lenneis70
oberirdische Kennzeichnung nicht mehr sinnvoll und not-
wendig war (siehe auch Kapitel 5.1.3). In einem Fall erfolgte
eine derartige Störung eines Leergrabes durch ein Brand-
grab (Grab Verf. 37).
Allgemein ist die Anzahl der bisher bekannten Brand-
gräber der LBK im Vergleich zu jener der Körpergräber we-
sentlich kleiner, innerhalb der einzelnen Nekropolen stellen
sie zumeist nur einen Anteil von ±10 %. Nur in wenigen
Fällen beträgt dieser Anteil mehr als ein Drittel (Elsloo,
Wandersleben-Gotha, Aiterhofen), noch seltener ist die
Anzahl der Brandgräber höher als jene der Körpergräber
(Arnstadt, Stephansposching)89. Im östlichen Mitteleuropa
weist das Gräberfeld von Nitra mit acht Brand- und 76 Kör-
pergräbern90 für Erstere einen Anteil von 9,5 % auf, in
Kleinhadersdorf stehen 59 Körpergräbern (57 mit anthro-
pologisch bestimmbaren Resten, 2 mit Leichenschatten)
vier Brandgräber gegenüber, wonach deren Anteil 6,3 %
(bzw. 7 %) betragen würde. Wenn man auch die hohe An-
zahl von Leergräbern (26) berücksichtigt, verringert sich
der Anteil der Brandgräber auf 4 % (Abb. 26). Es ist aller-
dings davon auszugehen, dass gerade bei den Brandgräbern
aufgrund der z. T. geringen Eintiefung (siehe besonders
Grab Verf. 82) manche (viele?) durch die Erosion und/oder
die Beackerung zerstört wurden und so verloren gegangen
sind.
Ein nahezu allen LBK-Brandgräbern – so auch jenen
von Kleinhadersdorf – gemeinsames Merkmal ist deren ge-
ringe oder überhaupt fehlende Ausstattung mit Beigaben.
Schon Modderman bemerkte bei der Besprechung der
Brandgräber von Elsloo, dass diese immer ärmer ausgestat-
tet waren. Seiner Meinung nach könnte dies auf ein Ver-
brennen der Toten mit ihren Beigaben weisen, wobei ja auch
die geringe Größe der Gruben der Brandgräber kaum Platz
für die Deponierung solcher Gaben bietet91. Die hohen
Holzkohleanteile in den Brandgräbern von Aiterhofen
scheinen dies zu bestätigen92. Auf jeden Fall dürfen die är-
mer oder gering ausgestatteten Brandgräber sicher nicht als
Bestattungen von Personen niederen sozialen Status fehlin-
terpretiert werden, da der Aufwand für eine Verbrennung
des/der Toten beachtlich höher und vermutlich auch ein-
drucksvoller war als die Bestattung der Leiche in einem ein-
fachen Erdgrab. Trautmann und Wahl verweisen auf ethno-
graphische Vergleichsstudien, die deutlich zeigten, dass bei
zeitgleicher Übung von Körper- und Brandbestattungen,
89. Jeunesse 1997, 59.
90. Pavúk 1972, 24 und 39.
91. Modderman 1985, 102.
92. Nieszery 1995, 88. letztere „eher den sozial Höherstehenden zukommt“93.
Aufgrund allzu geringer Anhaltspunkte ist es für Kleinha-
dersdorf leider kaum möglich, den sozialen Status der derart
Bestatteten zu erschließen.
5.1.3 Leergräber (Eva Lenneis)
Im Grabungsplanum (Planum 1) zeichneten sich insgesamt
26 Gruben ab, die völlig den Grabgruben der Körpergräber
glichen und dementsprechend auch gleichartig ausgegraben
wurden. Es wurden also jeweils mehrere Plana angelegt, bei
denen sich allmählich die völlige Fundleere oder nur einige
wenige Fundgegenstände zeigten, aber weit überwiegend
keine oder nur ganz geringe Reste von menschlichen Kno-
chen zutage kamen. In weiterer Folge werden diese leeren
Grabgruben oder Leergräber aufgelistet, wobei als Unter-
scheidungskriterien zu den „restlichen Gruben“ die Ähn-
lichkeit mit den Grabgruben der Körpergräber in Umriss,
Ausmaß und Tiefe herangezogen wurde. Unter „restlichen
Gruben“ (Abb.
7) sind alle vielfach kaum korrekt ansprech-
baren Befunde zusammengefasst, wie verackerte Reste un-
bestimmbarer Provenienz etc.
Die Leergräber haben also alle verrundet rechteckige bis
ovale Form, ihre Orientierung ist naturgemäß nicht ganz so
exakt zu bestimmen, wie bei den Körpergräbern. Für die
Messung der Orientierung legten wir eine etwa zentrale
Achse durch diese leeren Grabgruben. Für diese Achse gibt
93. Trautmann, Wahl 2005, 18.
Abb.
23: Kleinhadersdorf: Orientierung der Leergräber – %-Anteile
(E. Lenneis).
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Titel
- Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Autoren
- Christine Neugebauer-Maresch
- Eva Lenneis
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-7598-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 406
- Schlagwörter
- Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen