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Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
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Christine Neugebauer-Maresch, Eva Lenneis80 der gebotene Raum für die Niederlegung dieser Beigaben war. Die wenigen Nachweise von Deponierungen der Kera- mik im Bereich der Beine und sogar Füße machen aber deut- lich, dass diese Zone nicht in irgendeiner Weise tabuisiert gewesen sein kann, wie es aus den Befunden von Kleinha- dersdorf den Anschein hat. Die Bedeckung des Gesichtes dreier Männer mit einer Schale dürfte eine Besonderheit des Gräberfeldes von Klein- hadersdorf sein, zu der wir keinerlei Entsprechung finden konnten, ebenso wie zu dem einen Mann, dem man eine Reibplatte auf das Gesicht gelegt hat. Mahlsteinfragmente / Reibplatten waren sonst in Klein- hadersdorf nur noch einmal in unmittelbarer Nähe des Kopfes zu finden, und zwar wieder bei einem Mann (Verf. 40 – Tafel 29). Nur eine Frau dieses Platzes war mit Reib- platten ausgestattet und diese gleich mit zwei Stücken, die hinter dem Rücken und bei den Knien lagen (G. 1c – Tafel 1). Die Deponierung von Reibplatten hinter dem Rücken ist bei den Kindern viermal, und zwar ausschließlich der Fall sowie auch einmal bei einem Mann. Bei einem anderen Mann war, wie bei der Frau aus Grab 1c, auch ein Mahlstein im Bereich der Beine zu finden. Im Vergleich zu anderen LBK-Gräberfeldern ist die Frequenz der Mitgabe von Rei- beplatten in Kleinhadersdorf sehr hoch und ihre Deponie- rung erfolgte überwiegend an sonst wenig gebräuchlichen Stellen des Grabes. So waren bei den bayerischen Nekropo- len Aiterhofen und Sengkofen acht von zehn Reibplatten im Bereich des Kopfes und nur zwei hinter dem Rücken nie- dergelegt worden124, auch der einzige Mahlstein aus Essen- bach-Ammerbreite lag neben dem Kopf125. In dem sonst so reich ausgestatteten Gräberfeld von Vedrovice gibt es nur sechs Mahlsteinfragmente, von denen fünf in situ dokumen- tiert sind und in unmittelbarer Nähe des Kopfes lagen126. In Sondershausen lagen in drei Fällen die Köpfe der Toten auf den Reibplatten, drei weitere Exemplare fanden sich unter den Beinen sowie je einmal vor und hinter dem Körper127. Aus Bruchstedt und Flomborn sind Reibplatten nachgewie- sen, aber keine Angaben über deren Lage verfügbar128. In Niedermerz fanden sich alle neun Mahlsteine über, unter oder neben den Köpfen129. In einigen anderen Gräberfel- dern, wie z.  B. Ensisheim, Stuttgart „Viesenhäuser Hof“ 124. Nieszery 1995, 108 Abb.  62/3. 125. Brink-Kloke 1990, 434 f. 126. Ondruš 2002, 24 Abb.  15a; 37 Abb.  30; 41 Abb.  36; 66 Abb.  69°; 95 Abb.  101. 127. Kahlke 2004, 41. 128. Kahlke 2004, 94. – Richter 1969, 178. 129. Dohrn-Ihmig 1983, 70. Kopf dar, ein Faktum, das hier in Kleinhadersdorf in drei Fällen zu beobachten war (Verf. 40 – Tafel 29; Verf. 57 – Ta- fel 37; Verf. 81 – Tafel 50). Mahlsteine konnten bei Männern ebenfalls am Kopf (G. 7 – Tafel 8) und unmittelbar vor dem Gesicht (Verf. 40) deponiert werden. Silices fanden sich nur bei vier Männern im Bereich der Hände vor dem Kopf (Verf. 17, 40, 79, 81), bei einer Frau direkt am Hals (G. 1c). Nur bei drei Kleinkindern wurden Dechseln vor deren Gesicht ge- legt (G. 3 (?) – Tafel 6; G. 9 – Tafel 10; Verf. 22 – Tafel 21), auch Klopfsteine im Kopfbereich sind nur bei Kindern vor- handen (Verf. 22; Verf. 43 – Tafel 30). Im Bereich der vor das Gesicht gelegten Hände sind bei einem juvenilen Individu- um (Verf. 67-2 – Tafel 40) sowie bei zwei Männern (Verf. 17 – Tafel 19; Verf. 81 – Tafel 50) Knochenpfrieme niedergelegt worden, bei dem Mann von Verf. 81 überdies noch das be- merkenswerte Paar zweier gelochter Eberhauer. Die Deponierung der Keramik im Umfeld des Kopfes lässt am meisten Regelhaftigkeit erkennen. Zwei Erklärun- gen sind dafür möglich: 1) pragmatisch: In diesem Teil der Grabgruben war am meisten Platz für Keramikgefäße, wo dies nicht der Fall war, wurden sie im Bereich des Rumpfes aufgestellt (z.  B. Grab Verf. 79 – Tafel 46) oder 2) rituell: Vermutlich enthielten die Gefäße Nahrung, weswegen ihre Deponierung in der Nähe des Kopfes (des Mundes) geboten war. Interessanterweise sind auch die Gefäßfragmente nur in diesem Bereich, soweit in situ dokumentierbar, oder in den Grabfüllungen festzustellen gewesen. Im Vergleich mit anderen LBK-Gräberfeldern scheint in Kleinhadersdorf die Bevorzugung des Kopfumfeldes und bei Männern sowie Kindern auch des Oberkörperbereiches besonders ausge- prägt zu sein. In den bayerischen Nekropolen fand sich die Keramik ebenfalls zu zwei Drittel im Kopfbereich und der Rest überwiegend rund um den Rumpf, aber es gibt auch Keramik im Bereich der Beine, sogar der Füße121. Ganz ähn- lich ist die Situation im Gräberfeld Nitra, wobei dort selbst bei Frauen vereinzelt Gefäße im Bereich der Füße deponiert waren122. In Vedrovice beschränkt sich die je einmalige Po- sition eines Gefäßes im Bereich der Beine bei einem Mann und einem Kind auf die erste Belegungsphase (LBK I b), in der fast alle übrige Keramik nur im Kopfbereich niederge- legt wurde. In den nachfolgenden Phasen (LBK I b2 und II  a) finden sich die Gefäße bei den Erwachsenen in erster Linie im Rumpfbereich, bei Frauen und auch bei Kindern aus- schließlich im Kopfbereich123. Diese letzte, wohl umfang- reichste Analyse zur Positionierung der Keramik macht deutlich, dass der obere Körperbereich vermutlich wirklich 121. Nieszery 1995, 108 und Abb.  62 /1. 122. Pavúk 1972, Abb.  45 A–D. 123. Čižmář 2002, 183 f. Abb.  9–12.
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Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
Titel
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
Autoren
Christine Neugebauer-Maresch
Eva Lenneis
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-7001-7598-8
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
406
Schlagwörter
Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
Kategorien
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