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Christine Neugebauer-Maresch, Eva
Lenneis82
Oberarm ursprünglich in einem Köcher befanden139. In Es-
senbach-Ammerbreite lagen ebenfalls fünf Pfeilspitzen ei-
nes nicht mehr bestimmbaren Toten im Bereich der leider
sehr zerstörten Reste des postkranialen Skelettes140, aber
wieder in einer vermutlich aus einem Pfeilbündel resultie-
renden Gruppe beisammen. In den vier südbayerischen Ne-
kropolen gibt es weitere reiche Belege für in Gruppen depo-
nierte Pfeilspitzen, deren Lage in den meisten Fällen am
besten durch eine Mitgabe in einem Köcher sowie von ein-
zelnen Pfeilen zusammen mit einem Bogen erklärbar ist.
Darüber hinaus gibt es in diesen Gräberfeldern aber auch
über den ganzen Körper verstreut Klingen, die z.
T. als Mes-
sereinsätze ähnlich jenen von Kleinhadersdorf gedeutet
werden141.
Knochenpfrieme fanden sich bei allen Toten von Klein-
hadersdorf nur im Bereich des Oberkörpers sowie bei den
vor dem Gesicht liegenden Händen, mehrfach in unmittel-
barer Nachbarschaft mit Silices (universale Messer und
Bohrer, siehe oben), was vielleicht eine funktionale Zusam-
mengehörigkeit beider Beigabenkategorien andeutet (Verf.
17, 79 und 81). Direkt am Rumpf, etwa im Brustbereich,
fanden sich je ein Knochenpfriem bei einer Frau (Verf. 55/2
– Tafel 35) und bei einem Mann (Verf. 79/5 – Tafel 45, 46),
bei einem weiteren Mann hinter dem Rücken (G. 1a/ 2 – Ta-
fel 1, 2). Die übrigen Knochenpfrieme lagen jeweils vor dem
Gesicht, bei einem Jugendlichen (Verf. 67-2/10 – Tafel 40,
42) hinter den Unterarmen, ebenso bei einem Mann (Verf.
17/4 – Tafel 19) und bei einem anderen Mann im Bereich der
Hände (Verf. 81/10 – Tafel 50, 51).
Klopfsteine sind nur bei Kindern je einmal vor und hin-
ter dem Kopf festgehalten (Verf. 22, Verf. 43). Als einzige
Farbsteine gibt es zwei Graphitstücke, die sich bei zwei
Männern einmal im Bereich des Rumpfes vor dem Körper
(Verf. 79/8 – Tafel 46) und einmal bei den Füßen (G. 8/ 2 –
Tafel 8) fanden.
5.2.2 Geschlechts- und altersspezifische
Ausstattungsunterschiede (Eva Lenneis)
In Kleinhadersdorf ist die reichste und vielfältigste Ausstat-
tung mit erhaltenen Beigaben bei den Männergräbern zu
finden. Eine nahezu gleich große Beigabenvielfalt ist nur
noch bei den Kindergräbern zu verzeichnen, wo allerdings
die auch bei den Männern seltenen Nachweise von Tierkno-
chen und Graphit fehlen. Markantestes Charakteristikum
der Ausstattung der Männer ist die Beigabe von Dechseln.
Acht von 16 Männern waren mit diesem Gerät ausgestattet,
139. Gerling, Francken 2007, 46.
140. Brink-Kloke 1990, 436 f.
141. Nieszery 1995, 109.
zwischen wieder ein Knochenpfriem und auch ein Graphit-
stück (Verf. 79/6, 7 – Tafel 46, 47). Ein weiteres Gerät dieser
Art fand sich bei einem leider unbestimmbaren Individuum
vor dem Körper etwa in Höhe der Taille (Tafel 34 – auf
Abb.
28 nicht erfasst). Bei den Kindern fanden sich die Sili-
ces ebenfalls einmal vor dem Oberkörper (G. 9 – Tafel 10;
Objekt verschollen, daher nicht bestimmt) sowie hinter
dem Rücken (Verf. 22/4 – Tafel 21). Letzteres Stück gehört
aber bereits zu der zweiten Objektgruppe, den trapezförmi-
gen Pfeilköpfen (Kapitel 5.2.3.2 – Tabelle 23). Weitere Ex-
emplare dieser Geräte sind wieder in unterschiedlichen La-
gen nur bei Männern zu finden, und zwar einmal im Bereich
der Füße (Verf. 17/8 – Tafel 19), nahe der rechten Hand
(Verf. 40/5 – Tafel 29; Oberkörper des Skelettes in Rücken-
lage, daher bei Schema Abb.
28 etwas verändert) und etwas
verteilt im Bereich des rechten Unterarmes und der Brust
(Verf. 79/9 a–c – Tafel 46) und ganz konzentriert bei der
rechten Hand (Verf. 79/10a–d – Tafel 46). Bei dem schon
erwähnten unbestimmbaren Individuum lagen derartige
trapezförmige Pfeilköpfe beim Becken und oberhalb des
Kopfes (Verf. 52/4, 5 – Tafel 34). Ähnlich wie bei den Dech-
seln darf auch hier vermutet werden, dass Pfeilspitzen ge-
schäftet mit ins Grab gelegt wurden. Bei den Mehrfachnach-
weisen in einem Bereich wie z. B. bei Verf. 79 hat es den
Anschein, dass einerseits ein Bündel aus drei fertigen Pfeilen
(Verf. 79/9a–c) dem Toten in den Arm gelegt wurden und
anderseits vielleicht die „Reservepfeilspitzen“ in einem klei-
nen Beutel aus Leder oder Ähnlichem ihm in die Hand ge-
geben waren. Nur bei einem Mann lag neben der linken
Schulter ein kleiner Bohrer zusammen mit zwei Mikroli-
then und wieder einem Knochenpfriem (Verf. 81/11 – Tafel
50, 51).
Eine vergleichbar kombinierte Lage von Klingenab-
schlägen und einer Knochenahle ist aus dem Gräberfeld von
Nitra bekannt (Grab 4), während sich die übrigen nicht all-
zu zahlreichen Silexobjekte ähnlich wie in Kleinhadersdorf
im Bereich der Schultern, des Kopfes und bei den Händen
fanden137. Im Gräberfeld von Vedrovice waren 18 Gräber
mit Silices versehen, in vier von diesen gab es größere Serien
von Pfeilspitzen, die wieder hinter dem Rücken (Grab 46,
79), bei den Füßen (Grab 46, 39), hinter den Unterarmen
(Grab 57), hinter dem Kopf (Grab 79) und vor dem Bauch
(Grab 39) lagen und von den Bearbeitern als Reste von Pfeil-
bündeln interpretiert werden138. Auch für das am reichsten
mit Silexpfeilspitzen ausgestattete Männergrab in Schwet-
zingen wird vermutet, dass sich die acht Spitzen neben dem
137. Pavúk 1972, 70.
138. Podborský 2002b, 333.
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Titel
- Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Autoren
- Christine Neugebauer-Maresch
- Eva Lenneis
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-7598-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 406
- Schlagwörter
- Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen