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Christine Neugebauer-Maresch, Eva
Lenneis90
halb dieser liegt der Anteil der mit erhaltenen Beigaben be-
dachten Kinder mit acht von zehn weit über dem Durch-
schnittswert in der LBK von 52 % (17 von 33). Die drei
Kinder der Altersgruppe infans II sind hingegen unter-
durchschnittlich mit diesen Beigaben versehen worden, da
nur eines von den dreien einen Klopfstein mit ins Grab be-
kommen hat, der Durchschnittswert wäre 54
% (21 von 39).
Von den drei Juvenilen besaßen zwei mehrere haltbare Bei-
gaben, was etwa dem Durchschnitt von 67 % (12 von 18)
entspricht168. Der mit einer Dechsel ausgestattete Neonatus
aus Kleinhadersdorf ist vermutlich ein Ausnahmefall. So-
weit Angaben verfügbar, scheinen so kleine Babys ohne
haltbare Beigaben bestattet worden zu sein169.
Zusammenfassend lässt sich zur Ausstattung der Kin-
dergräber von Kleinhadersdorf Folgendes feststellen: Ihre
Anzahl bzw. ihr Anteil an der Gesamtbelegung des Gräber-
feldes ist überdurchschnittlich hoch, wenn auch kein Spit-
zenwert. Die Ausstattung der Kinder mit erhaltungsfähigen
Beigaben ist allgemein überdurchschnittlich, bei den Fels-
steingeräten stellt der Anteil von 55,5
% mit Abstand einen
Spitzenwert dar, der bisher nur noch aus Flomborn belegt
war (5 von 9 Gräbern). Innerhalb der Altersgruppen ist die
auch zahlmäßig größte Gruppe der Kleinkinder (infans I)
weit überdurchschnittlich mit haltbaren Beigaben ausge-
stattet. Die wesentlich kleineren Gruppen der Juvenilen wa-
ren durchschnittlich, die etwas größeren Kinder (Infans II)
unterdurchschnittlich mit diesen Beigaben versehen.
Der Anteil der Bestattungen mit erhaltenen Beigaben
innerhalb der Brandgräber von Kleinhadersdorf ist mit
50 % (2 von 4) eher gering, aber doch höher als bei den
Brandgräbern von Elsloo (29
% – 14 von 48)170. In Nieder-
merz waren 67
% (8 von 12), in Aiterhofen 53
% (37 von 69)
der Brandgräber mit haltbaren Beigaben ausgestattet. An
den beiden zuletzt genannten Fundstellen sind mehrfach an
den Steingeräten Spuren von Hitzeeinwirkung festzustel-
len, was in Kleinhadersdorf nie zu beobachten war. Aus den
Brandgräbern von Kleinhadersdorf gibt es keine annähernd
vollständigen Beigabengefäße, die Keramiknachweise be-
schränken sich auf Fragmente. So verwundert es auch nicht,
dass hier nie die einige Male nachgewiesene Sitte der Über-
deckung des Leichenbrandes durch auf der Mündung lie-
gende Gefäße171 festzustellen war. Dechseln, wie hier in
168. Siemoneit 1997, 31 Abb.
16.
169. Dočkalová 2008, 283: 5 Kinder unter 5 Monaten, keine Angabe
über Beigaben. – Pavúk 1971, 75: ein beigabenloser Neonatus.
170. Modderman 1985, 96–99, Tabelle
4, 5; %-Anteile aus diesen An-
gaben errechnet.
171. z. B.: Hoffmann 1973, 71. – Dohrn-Ihmig 1983, 65–67, Grab
114, 115, 122.
In Kleinhadersdorf waren zwölf Kinder (67 % von 18)
mit erhaltenen Beigaben ausgestattet, was deutlich über der
durchschnittlichen Ausstattungsrate von Kindern mit 52–
55,3 % liegt. In einzelnen Gräberfeldern ist dieser Anteil
aber wesentlich höher als in Kleinhadersdorf, und zwar in
Flomborn (88,9 % von 6) und Rutzing (71,4 % von 7), in
zwei Gräberfeldern, Rixheim und Sengkofen (66,7
% von je
6), etwa gleich hoch164. In den eben angeführten Fällen sind
die absoluten Zahlen der Kindergräber aber sehr klein. Eine
etwa gleichgroße Datenbasis wie in Kleinhadersdorf stellten
die Kindergräber in den beiden Gräberfeldern von Vedro-
vice nach den Angaben von Podborský dar, wo die Fre-
quenz erhaltener Beigaben mit 55 % (11 von 20)165 durch-
schnittlich, aber niedriger als in Kleinhadersdorf war.
Sollten die später genannten weiteren 25 Kinder und Ju-
gendlichen (siehe oben) nicht mit erhaltungsfähigen Beiga-
ben ausgestattet gewesen sein, würde sich deren Anteil aber
auf weniger als den halben Wert verringern. Für das große
Gräberfeld von Schwetzingen gibt es vorläufig nur den
Hinweis, dass die Kinder nicht beigabenlos, sondern teil-
weise reich mit Beigaben ausgestattet waren166.
In Kleinhadersdorf waren sieben (38
%) der Kinder mit
Keramik versehen worden (Tabelle
11), das liegt im oberen
Bereich des Durchschnitts von 32–39
%. Fünf (27
%) hatten
eine Dechsel und ebenso viele eine Reibplatte mit ins Grab
bekommen, diese Werte liegen sowohl einzeln als noch viel-
mehr zusammen (55,5
%) weit über der durchschnittlichen
Ausstattung von Kindern mit Felsgesteingerät (16,5–
17,5
%). Selbst die drei (16,6
%) mit Spaltindustrie bedach-
ten Kinder haben einen überdurchschnittlich hohen Anteil,
der bei 10,6–11,4 % liegt, und auch die zwei (11 %) mit
Knochengeräten versehenen stellen einen Anteil dar, der
über dem Durchschnitt von 4,8–5,8 % liegt. Die Ausstat-
tung der Kinder von Kleinhadersdorf mit erhaltungsfähigen
Beigaben ist demnach im Vergleich mit 103 bzw. 166 LBK-
Kindergräbern als ungewöhnlich hoch einzustufen167. Dar-
über hinaus ist nicht zu vergessen, dass einige der „beiga-
benlosen“ Kindergräber wieder verdächtige Leerflächen
aufweisen (siehe vorne und Abb. 28), die wohl auf vergan-
gene Beigaben hindeuten und damit die durch die Grabaus-
stattungen dokumentierte Wertschätzung der Kinder in der
Gemeinschaft noch mehr verdeutlichen.
Wie schon oben erwähnt, ist der Anteil der Kleinkinder
(infans I) in Kleinhadersdorf außergewöhnlich hoch, inner-
164. Siemoneit 1997, 28 f.
165. Podborský 2002b, 334, 337.
166. Gerling, Francken 2007, 46.
167. %-Anteile errechnet aus Angaben bei Siemoneit 1997, 30 Tabel-
le
7, 8.
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Titel
- Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Autoren
- Christine Neugebauer-Maresch
- Eva Lenneis
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-7598-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 406
- Schlagwörter
- Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen