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Christine Neugebauer-Maresch, Eva
Lenneis98
Aus dem unmittelbaren Umfeld der Bestattung stammen
zwei Gefäße, die beide vermutlich fragmentiert deponiert
wurden. So fand sich ein Teil des verzierten Gefäßes hinter
dem Rücken (57/3), die übrigen Fragmente auf dem Schädel
der Bestattung (57/2), der Boden fehlt. Von der unverzierten
Flasche (?) lag nur die untere Hälfte vor der Brust der Be-
stattung (57/4). Der nahezu vollständig rekonstruierbare,
verzierte, kugelige Kumpf weist zwei sehr markante Motive
auf: die für die östliche LBK typischen „ineinandergehäng-
ten Bögen“ und als Ergänzung ein X-Motiv, jeweils kombi-
niert mit runden Notenköpfen. Das Bogenmotiv ist meis-
tens um 90° gedreht zu finden, in der hier angebrachten
Form eher selten und besitzt eine weitgehend ähnliche Ent-
sprechung aus Blatné, datiert in die Spätphase der slowaki-
schen jüngeren LBK201, was der mährischen Phase II b ent-
spricht.
Die Keramik aus der Grabfüllung und der Umgebung
des Grabes ist uneinheitlich. Die etwa 2 m nördlich gefun-
denen Reste eines verzierten Kumpfes (57/8–7) und das
kleine, mit feinen Ritzlinien verzierte Wandstück (57/5–5)
dürften etwa mit dem oben besprochenen Beigabengefäß
gleichzeitig sein. Die Reste des dritten Gefäßes besitzen hin-
gegen wesentlich ältere Merkmale, wie den abgesetzten
Flachboden, die Vegetabilienmagerung des Tones und die
Ausführung der Verzierung mit 2 mm breiten, im Quer-
schnitt U-förmigen Zierrillen. Dieses altbandkeramische
Gefäßfragment (mährische Phase I) stammt wohl von einem
der älteren Gräber der Umgebung.
Verfärbung 66 – weitgehend zerstörtes Körpergrab (A),
Tafel 39: 66/2–1
Das Fragment des kleinen feinkeramischen Kumpfes mit
glänzend polierter Oberfläche stammt aus dem Fußbereich
der zerstörten Bestattung und zeigt eine sehr sorgfältig aus-
geführte Verzierung aus einem zweilinigen Randband, da-
runter die Reste eines Winkelbandes und als Ergänzungs-
motiv die Reste zweier kurzer waagrechter Linien mit
runden Grübchen an den Enden (nur zur Hälfte erhalten).
Die Kombination von Rand- und Winkelband in der hier
vorliegenden Art ist für die „klassische“ Notenkopfkera-
mik der mährischen Phase II a sehr typisch202, das Ergän-
zungsmotiv schon aus der vorangehenden mährischen Pha-
se I b bekannt203 und auch im nördlichen Transdanubien für
die beginnende jüngere LBK belegt204. All dies spricht m.
E.
201. Pavúk, Šiška 1981, 41 Fig. 5/4.
202. Čižmář 1998, Obr. 5/2, 4, 5, 6, 7.
203. Čižmář 1998, Obr. 4/3.
204. Gläser 1993, Györ, Papai vám, Grube 40 – Phase II nord; Tafel
98/11.
stammen die Fragmente von drei Gefäßen: von einem waren
nur mehr drei winzige, unverzierte Wandstücke vorhanden
(54/2–3), von einem weiteren nur ein kleines Wandstück
allerdings mit einem markanten Dekor (54/2–2). Die fein
eingeritzten Linien in Kombination mit den exakt runden
Notenköpfen gelten als typisch für die „klassische“ Noten-
kopfkeramik der mährischen Phase II a. Die kleine flache
Schale mit einlinigem Randband und ebener Standfläche
(54/2–1) fügt sich diesem chronologischen Ansatz problem-
los.
Verfärbung 56 – Körpergrab (A), Tafel 36: Grabfüllung
56/1–2, 3, 4; Grabsohle 56/3–1
Aus der Grabfüllung gibt es insgesamt Reste von sechs Ge-
fäßen, von dreien nur in Form von ganz wenigen, insignifi-
kanten Wandstücken (56/1–5, 6, 7). Zwei weitere Gefäße
sind nur durch je eine verzierte Scherbe belegt: ein Rand-
stück eines kleinen kugeligen Kumpfes mit minimaler An-
deutung eines Notenkopfornamentes (56/1–4) und ein Bo-
denstück mit dem höchst seltenen Motiv eines eingeritzten
Kreuzes auf der Standfläche (56/1–2). Das ganze Gefäß
könnte so ausgesehen haben wie jene kleine Schüssel mit
einem gleichartigen Zeichen aus Vedrovice198. – Für die
relativchronologische Bestimmung ist jedoch das dritte
verzierte Gefäß ausschlaggebend. Von diesem sind ein
Rand- und ein anpassendes Wandstück sowie nicht anpas-
sende Bodenstücke vorhanden (56/1–3). Daraus ließ sich
eine bauchige Schüssel mit kleiner ebener Standfläche re-
konstruieren, die Verzierung besteht aus mindestens fünf
fein eingeritzten waagrechten Linien, zwischen denen sich
längliche Kerben in senkrechter Linie untereinander befin-
den. Die Kombination aus Gefäßform, Ziermotiv und Aus-
führung entspricht m. E. am besten der älteren Stufe der
Želiezovce-Gruppe199, die Zierweise ist auch auf einem ku-
geligen Kumpf aus einem in die späte Phase II b datierten
Konnex in Mähren bekannt200.
Auf der Grabsohle wurde nur eine winzige notenkopf-
verzierte Scherbe gefunden (56/3–1). Die sorgfältige Aus-
führung der Verzierung und der exakt runde Notenkopf
könnten auf die mährische Phase II a und damit auf ein ge-
ringfügig höheres Alter als jenes der Funde aus der Verfül-
lung des Grabes deuten.
Verfärbung 57 – Körpergrab (A), Tafel 37: Grabsohle
57/2+3–1, 57/4–2; Grabfüllung 57/5–3, 4, 5, 6; 2
m nördlich
57/8–7
198. Podborský et al. 2002, 131 Taf. I/2 a, b.
199. Pavúk 1969, 322 Abb.
36/4.
200. Čižmář 1998, 139 und Obr. 11/2.
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Titel
- Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Autoren
- Christine Neugebauer-Maresch
- Eva Lenneis
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-7598-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 406
- Schlagwörter
- Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen