Seite - 100 - in Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
Bild der Seite - 100 -
Text der Seite - 100 -
Christine Neugebauer-Maresch, Eva
Lenneis100
linigen Form schon wesentlich seltener. So gibt es Beispiele
in regelmäßiger Kombination mit Notenköpfen aus der
Phase II der jüngeren slowakischen LBK214 oder mit den ty-
pischen Kerben der mittleren Phase (Phase II a) der
Želiezovce-Gruppe215. Die etwas eigenwillige Gestaltung
der Verzierung des Kleinhadersdorfer Gefäßes ähnelt trotz
kleiner Unterschiede im Detail (mehrlinige Randbänder)
am ehesten mährischen Kümpfen der LBK-Phase II c216.
Verfärbung 80 – Körpergrab (A), Grabsohle, Tafel 48:
80/2–1
Dieser kleine, etwas ungelenk gestaltete Kumpf ist das Bei-
gabengefäß eines Kindergrabes. Trotz der unbeholfen wir-
kenden Ausführung lassen sich wesentliche Form- und De-
korprinzipien erkennen. So ist die kugelige Form mit
deutlich abgesetztem Rand typisch für die Formgebung der
späten jüngeren LBK, insbesondere unter Einfluss des
Šárka-Typus. Diese westlichen Einflüsse der Spätzeit mani-
festieren sich auch im Gesamtkonzept des Dekors: Das um-
laufende Winkelband wird durch eine Art „Gegenmotiv“,
der durchlaufenden, senkrechten Linie, geteilt, wobei diese
Teilung noch zusätzlich durch Grübchen (hier etwas zu
groß geraten) an den Kreuzungspunkten der Linien betont
wird. Vergleichbare Stücke gibt es aus Böhmen und Bayern,
aus Letzterem in nahezu vorbildhafter Form für unseren
kleinen Kumpf aus dem Gräberfeld von Aiterhofen217. Auf-
grund der eben besprochenen Merkmale ist das Gefäß m.
E.
in die Phase III der mährischen LBK zu datieren.
Verfärbung 81 – Körpergrab (A), Tafel 51: Grabfüllung
81/5–2; Grabsohle 81/7–1
Aus der Füllung dieses Grabes stammen die Reste zweier
Gefäße, wobei von einem nur eine unverzierte Wandscher-
be vorhanden ist (81/4–3). Die Fragmente des zweiten Ge-
fäßes (81/5–2) ließen sich zu einem kugeligen Kumpf mit
Rundboden rekonstruieren, der eine sehr flüchtig eingeritz-
te Verzierung mit kleinen Notenköpfen aufweist. Das Zier-
motiv ist nicht genau erkennbar. Die Art der Ausführung
der Verzierung scheint dem „degenerierten Stil“ nach
Čižmář218 zu entsprechen und wäre somit der mährischen
Phase II b zuzuordnen.
Die einzige Gefäßbeigabe war eine kleine, unverzierte
Schüssel mit abgesetztem Flachboden (81/7–1), die direkt
214. Pavúk 1972, Abb.
27/1 – Gräberfeld Nitra.
215. Pavúk 1994, Taf. 52/48, 49.
216. Čižmář 1998, 139, Obr. 10/7; 11/4.
217. Nieszery 1995, Taf. 54/4.
218. Čižmář 1998, 138.
und anderen Ergänzungsmotiven, gibt es erst aus der Flom-
bornphase (thüringische LBK II A) z. B. vom Gräberfeld
Sondershausen.210 Eine ähnliche Datierung ist wohl auch für
eine derart dekorierte Flasche aus einer Grube des bayeri-
schen Gräberfeldes von Sengkofen anzunehmen, wo der
Mäander als Hauptmotiv mit einem einfachen umlaufenden
Randband und einem „V“ als Ergänzungsmotiv kombiniert
ist211 – ganz ähnlich wie bei der großen Flasche aus Grab 1c
von Kleinhadersdorf (Tafel 3). Die Heterogenität in der Ge-
staltung dieses Gefäßes, die sich in der noch für die ältere
LBK typischen Tonqualität und breitlinigen Ausführung
der Verzierung einerseits und der ungewöhnlichen Kompo-
sition des Dekors anderseits manifestiert, macht erneut eine
Zuordnung zur Übergangsphase LBK I/II am wahrschein-
lichsten212.
Verfärbung 78 – Grube ohne Skelettreste/Leergrab (B),
Tafel 45: 78/1–1, 2
Die wenigen Fragmente von zwei Gefäßen sind aus mäßig
(78/1–2) bis dicht vegetabiliengemagertem Ton (78/1–1) ge-
fertigt, die Verzierungsreste zeigen breite, im Querschnitt
U-förmige Rillen. Beide sind vermutlich der mährischen
Phase I b zuzuordnen.
Verfärbung 79 – Körpergrab (A), Grabsohle, Tafel
46+47: 79/2–1, 79/3–2
Beide Beigabengefäße dieses Grabes waren fragmentiert,
die unverzierte Flasche (79/2–1) ist vollständig erhalten, bei
dem verzierten Kumpf (79/3–2) fehlt der Boden. Die Form
der unverzierten Flasche mit dem großen Flachboden ist
altertümlich und z. B. in verzierter Form aus den ältesten
Gräbern von Vedrovice (Phase I b1) bekannt213. Die dick-
wandige Ausführung der Flasche von Kleinhadersdorf aus
dicht spreugemagertem Ton zeigt, dass es sich um Grobke-
ramik handelt, in der bekanntermaßen alte Formen lange
überleben. – Der verzierte feinkeramische Kumpf (79/3–2)
zeigt drei jeweils zweilinige, umlaufende Winkelbänder in
Kombination mit einem einlinigen Randband. Die Noten-
köpfe sind auf letzterem noch recht regelmäßig angebracht,
im obersten Winkelband jeweils zwischen den Linien, im
mittleren Winkelband nur an den obersten Spitzen und bei
dem unteren Winkelband fehlen sie ganz. Das Motiv des
umlaufenden Winkelbandes ist grundsätzlich in der jünge-
ren LBK häufig anzutreffen, in der hier vorliegenden zwei-
210. Kahlke 2004, Taf. 6/2, Taf. 9/14.
211. Nieszery 1995, 138 und Taf. 74/2.
212. Lenneis 2010c, 198 Abb.
6.
213. Čižmář 2002, Abb.
6/„varianta 24“.
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Titel
- Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Autoren
- Christine Neugebauer-Maresch
- Eva Lenneis
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-7598-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 406
- Schlagwörter
- Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen