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Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
Seite - 115 -
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Seite - 115 - in Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf

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Auswertung 115 wir voraussetzen, dass Pfeil und Bogen zur persönlichen Austattung des Verstorbenen gehörten und seinen sozialen Status widergespiegelt haben. Bei Pfeilen in Kindergräbern könnte es sich eher um Geschenke oder Spielzeuge handeln, die auffälligerweise auch mit weniger Sorgfalt (einfache kleine Abschläge oder Klingenfragmente) und eher aus gewöhnlichen Rohstoffen hergestellt sind (z.  B. Vedrovice, Grab 39)239. Die Möglichkeit, dass es sich bei manchen Klin- genfragmenten und kleinen Abschlägen um Halbfabrikate handeln könnte, die für spätere Pfeileherstellung ausgewählt wurden, lässt sich nicht ausschliessen240. Zur Bedeutung von Pfeilspitzen in LBK-Gräbern Von Ch. Jeunesse241 werden Pfeilspitzen in LBK-Gräbern zusammen mit anderen Gegenständen wie Ocker oder Eberhauer als Relikt einer mesolithischen Tradition angese- hen, die mit der Jagd und damit in Verbindung stehenden Glaubensvorstellungen zusammenhängen. Trapeze sind in Mitteleuropa ab dem frühen Spätmeso- lithikum bekannt242. Hierbei gibt es ein Kontinuum bis ins Neolithikum. In der linearbandkeramischen Kultur sind Trapeze hauptsächlich auf die älteste und ältere LBK begrenzt und für das südöstliche Verbreitungsgebiet der LBK typisch. Neben der LBK und Alföld-Vinča-Körös-Kultur treten sie auch im Kulturkomplex Starčevo-Körös-Criş regelmäßig auf243. Weiter westlich und nördlich tauchen Trapeze nur selten auf. Sie sind entlang der Donau bis ins Rheinland (Bruchenbrücken, Ostheim-Mühlweide, Flomborn-Grä- berfeld) und entlang der Weichsel bis Nordpolen (Bogu- szewo stan. 41) verbreitet244. In der ältesten LBK kommen Trapeze als Beigaben ver- einzelt auch in Siedlungsbestattungen vor. Es handelt sich dabei um reguläre Bestattungen mit Grabbeigaben im Raum einer Siedlung, die öfter in Längsgruben entlang der Lang- häuser gefunden wurden. Es ist nicht immer klar, ob für die- se Gräber eigene Grabgruben eingetieft oder ob die Verstor- benen einfach in einer Abfall- oder Lehmgrube bestattet wurden. In Brunn am Gebirge (Fst. II) wurden insgesamt vier Gräber entdeckt. In zwei Gräbern wurden Trapeze 239. Mateiciucová 2002a, Tab. 5. 240. Nieszery 1995, 170. 241. Jeunesse 1997. 242. Smolín; Valoch 1978. 243. Kozłowski 1982. – Păunescu 1987. – Bacskay, Simán 1987, 128. – Gronenborn 1994. – Starnini, Szakmány 1998. – Mateiciucová 2007. – Dies. 2008. 244. Małecka-Kukawka 1992, Tab. 6.10. – Gronenborn 1997. – Fiedler 1979, 88–89. Trapeze, denn die Bezeichnung Pfeilschneide sowie Quer- schneide definiert bereits die Funktion des Gegenstandes als einen Pfeilkopf, ebenso die Art der Befestigung. Hingegen definiert die Bezeichnung „breites Trapez“ nur die Form des Artefaktes und erlaubt eine separate Beurteilung der Frage nach seiner Funktion und der Art seiner Befestigung. Neben den breiten Trapezen (AC) wurden im Gräberfeld von Vedrovice auch drei kurze Trapeze (AZ) gefunden. Auch diese gehören eher zu den kürzeren Formen (fast wie AC). Die gleichen Proportionen vom Typ AC, seltener AZ, bei nahezu rechteckiger Form haben in Vedrovice auch die trapezähnlichen Formen236. Die trapezähnlichen Formen aus Kleinhadersdorf sind ebenfalls eher rechteckig und haben die gleichen Proportio- nen, wie die Trapeze und die trapezähnlichen Formen von Vedrovice. Auch in Kleinhadersdorf überwiegen AC-For- men, untergeordnet AZ-Formen (Tabelle  23). Nicht nur die Proportionen der trapezähnlichen For- men, auch die Rohmaterialien sind identisch. Sowohl in Kleinhadersdorf als auch in Vedrovice wurden die mikroli- thischen Artefakte aus Siliziten der Krakauer Jura, aus Szentgál-Radiolarit und aus Krumlovský les-Hornstein hergestellt. In Vedrovice wurden Trapeze und trapezähnliche For- men bis auf zwei Ausnahmen (ein Kindergrab Nr. 39 und ein Frauengrab Nr. 86) in Männergräbern gefunden. Sie ha- ben oft Garnituren mit zwei, sechs, sieben oder auch bis zu 15 Stücken gebildet. In einigen Gräbern wurden aber eben- so nur einzelne Stücke gefunden. Diese mikrolithischen Ar- tefakte im Gräberfeld von Vedrovice wurden ursprünglich als Sicheleinsätze angesehen237 und werden nun als Pfeil- köpfe interpretiert238. Ihre Formen zeigen, dass sie sehr wahrscheinlich quer geschäftet und als querschneidige Pfeilspitzen benutzt wurden. Auch die trapezähnlichen Formen in Kleinhadersdorf wurden entweder einzeln oder in Garnituren (2–7 Stücke) gefunden und die Mikrolithen lagen ebenfalls bis auf eine Ausnahme (Kindergrab) in Männergräbern. Auch wenn es sich um keine richtigen Trapeze handelt, sondern nur um – technologisch abweichende – trapezähnliche Formen, ist ihre Ähnlichkeit mit den mikrolithischen Artefakten aus Vedrovice so evident, dass es sich auch hier höchstwahr- scheinlich um Pfeilköpfe handelt, die ursprünglich als Pfeil- bündel oder in einem Köcher ins Grab gelegt worden sind. Pfeil und Bogen haben den Toten ins Jenseits begleitet. In den meisten Fällen, vor allem bei den Männern, können 236. Mateiciucová 2008, Table 284. 237. Lech 1983, 51–52. 238. Mateiciucová 1998. – Dies. 2002a, 96, 99.
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Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
Titel
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
Autoren
Christine Neugebauer-Maresch
Eva Lenneis
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-7001-7598-8
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
406
Schlagwörter
Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
Kategorien
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