Seite - 138 - in Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
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Christine Neugebauer-Maresch, Eva
Lenneis138
stück ausgestattet gewesen. Bei der neuerlichen Freilegung
der 1931 ausgegrabenen Grabgrube wurde ein solcher Rest
entdeckt (Fund-Nr. 18/2 – Tafel 20). Im Füllmaterial des
Befundes kamen aber auch Knochen einer nicht näher be-
stimmbaren erwachsenen Person zutage, weswegen das
Spondylusobjekt diesem Erwachsenen zugeordnet wurde.
Bei einem bereits etwas älteren Kind von 6–7 Jahren lag
zwischen Hals und rechter Schulter das kleine Fragment ei-
ner Spondylusklappe (Grab Verf. 7 – Tafel 16), die in unge-
wöhnlicher Weise zweifach gelocht ist. Die Lochungen er-
folgten hier etwa in einem rechten Winkel zum Rand der
Muschelschale, während diese sonst immer parallel zum
Rand angebracht wurden. Aufgrund der Lage des Schmuck-
stücks und der Tatsache, dass es sich nur um etwa ein Viertel
einer Spondylusklappe handelt, besteht die Möglichkeit,
dass man für das Kind das immer noch wertvolle Fragment
einer Spondylusmuschel als Gewanddekor verwendete.
Von den beiden erwachsenen Frauen trug die etwas jün-
gere eine einzelne, allerdings ziemlich große längliche Spon-
dylusperle am Hals (Grab 15 – Tafel 12), die ältere eine Ket-
te aus fünf großen rundlichen Spondylusperlen (Grab Verf.
55 – Tafel 35). Letztere ist zusammen mit der Spondylusper-
lenkette des Babys aus Grab Verf. 22 der aufwendigste
Schmuck aus diesem kostbaren Material am Fundort Klein-
hadersdorf.
Bei den Männern trug nur ein erwachsener Mann einen
Halsschmuck in Form einer Kette (?) aus unterschiedlich
langen Protula-Perlen (Grab Verf. 29 – Tafel 25).
5.3.1.3 Rumpf- / Beckenbereich
Bei den Kleinkindern lag nur einmal eine Kalksteinperle
„zwischen den Becken“ zweier jeweils 3–4 Jahre alter Kin-
der (Grab 17 – Tafel 13), die vielleicht einst einen Gürtel
oder Gewandteil zierte, so sie nicht bei der recht wenig
sorgfältigen Grabung etwa aus dem Halsbereich verlagert
wurde.
Von den im Beckenbereich normalerweise anzutreffen-
den Spondylusklappen gibt es in Kleinhadersdorf nur gerin-
ge Reste. Bei einer erwachsenen Frau, deren Skelett vom
Becken abwärts extrem schlecht bis nicht mehr erhalten
war, fand sich das Schlossstück einer derartigen Muschel-
klappe (Grab Verf. 32 – Tafel 26). Im Beckenbereich eines
reiferen Mannes (Grab Verf. 17 – Tafel 19) war noch ein klei-
nes Spondylusschalenstück (17/1) sowie ein weiteres winzi-
ges Muschelschalenfragment (17/3) erhalten.
Die Lage eines gelochten Geweihknebels vor bzw. ne-
ben dem Rumpf des adulten Mannes aus Grab 7 (Tafel 8 und
9, Objekt Nr. 2) lässt vermuten, dass es sich um einen Gür-
telverschluss oder Zieranhänger handelt. Analoge Stücke in
sehr ähnlicher Lage sind z.
B. aus den bayerischen Gräber-
alt ausgegrabenen Grabgruben, die keine Skelettreste mehr
enthielten (Gräber Verf. 14 und 21). Die Verteilung auf
Männer und Frauen sowie auf die Altersgruppen ist etwas
ungewöhnlich und sehr interessant (Abb. 47), ebenso wie
jene auf die einzelnen Körperteile.
5.3.1 Lage am Skelett, Rekonstruktion des Körperschmucks
und der geschlechts- sowie altersbedingten Spezifika
(Christine Neugebauer-Maresch, Eva Lenneis)
Die Lage der Schmuckteile am Skelett gibt in vielen Fällen
deutliche Hinweise auf die Trageweise und/oder die Gestal-
tung des Schmucks.
5.3.1.1 Kopf
Schmuckstücke am Kopf sind nur bei zwei Kleinkindern
belegt. Das eine Kind aus Grab Verf. 26 war 1–1½ Jahre alt,
auf seinem Köpfchen fanden sich insgesamt 124 gelochte
kleine Schneckenschalen von Lithoglyphus naticoides annä-
hernd in parallelen Reihen (Tafel 23). Die Art der Lochung
und der Gebrauchsspuren (siehe Kapitel 5.3.3) ebenso wie
die Lage der Schneckenschalen in situ legen nahe, dass diese
auf einem Häubchen aufgenäht gewesen sein müssen.
Bei dem zweiten Kleinkind von 2–3 Jahren aus Grab
Verf. 67-1 lag eine Dentaliumperle unmittelbar neben dem
Oberkopf (Tafel 40: Fund-Nr. 6). Auch hier ist zu vermuten,
dass dieses Schmuckstück auf einer Kopfbedeckung aufge-
näht gewesen war.
5.3.1.2 Halsbereich
Schmuck im Halsbereich war bei vier Kleinkindern, zwei
erwachsenen Frauen und einem erwachsenen Mann festzu-
stellen. Bei den Kleinkindern hat ein nur 2–8 Monate altes
Baby den aufwendigsten Halsschmuck aus sieben unter-
schiedlich großen Spondylusperlen erhalten (Grab Verf. 22
– Tafel 21). Die Perlen gehörten sicher einst zu einer Kette,
deren Größe in Relation zu den Körpermaßen des Säuglings
einen reinen Totenschmuck vermuten lässt. Ein anderes,
etwa 3-jähriges Kind trug hingegen nur eine derartige Spon-
dylusperle vermutlich am Hals (Grab 3 – Tafel 6). Bei einem
weiteren, etwa gleichaltrigen Kleinkind lag ein hakenförmi-
ger Knochenknebel am Nacken (Grab 9 – Tafel 10), was die-
sen wohl als Verschluss eines Hemdchens oder Ähnlichem
ausweist. Von den wenigen vergleichbaren Stücken ist nur
von einem die genaue Lage dokumentiert294. Es fand sich bei
einem Jugendlichen aus Vedrovice, wo dieses Objekt eben-
falls im Kopfbereich lag295. Vielleicht war das Kind von
Kleinhadersdorf überdies mit einem Spondylusschmuck-
294. Haack 2008, 125 Abb.
3.2, 126.
295. Ondruš 2002, 110 Abb.
116.
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Titel
- Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Autoren
- Christine Neugebauer-Maresch
- Eva Lenneis
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-7598-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 406
- Schlagwörter
- Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen