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Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
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EINLEITUNG 17 sich eine gewisse Parallele zu Griechenland, indem auch in Österreich eine historische, quasi völkerrechtliche Verpflichtung bezüglich einer muslimi- schen Minderheit existiert, die es den politischen Eliten noch heute erleichtert, den Islam – trotz gegenläufiger rechtspopulistischer Herausforderungen – im eigenen Land anzuerkennen. Debatten um die ›Kopftuchfrage‹ finden – außer durch rechtspopulistische Parteien entfacht – nicht statt (Hadj-Abdou/Ro- senberger 2009). Schülerinnen und Lehrerinnen haben das Recht, ein Kopf- tuch zu tragen, da es als Ausdruck der individuellen Glaubensfreiheit einge- stuft wird. Für Universitäten und andere öffentliche Bereiche (z.B. bestimmte Krankenhäuser) gilt ähnliches. Dabei ist die historische Gebundenheit an die staatsrechtliche Anerkennung der muslimischen Minderheit ein wesentlicher Erklärungsfaktor für den Umgang mit dem Kopftuch in Österreich (Gresch et al. 2008; siehe auch Gresch/Hadj-Abdou in diesem Band). In der Schweiz gibt es zwar in Bezug auf die Kernfrage, ob eine ›offene‹ Neutralität oder eine strikte Sphärentrennung, d.h. Laizität, vorherrschend ist, kantonale Unterschiede. Insgesamt zeichnet die Schweiz jedoch eine prag- matische Umgangsweise mit der Frage der muslimischen Bedeckung aus. Die religiös motivierte Kopfbedeckung von Schülerinnen ist selbst in streng sä- kularen Kantonen nicht verboten. Rechtsgeschichtlich gesehen preschte die Schweiz zwar geradezu vor, indem einer Genfer Lehrerin für die Primar- schule (Grundschule) untersagt wurde, ein Kopftuch zu tragen und diese nach der Bestätigung des Verbots durch das Schweizer Bundesgericht (BG) im Jahre 1997 den EGMR in Straßburg anrief. Dieser fällte sein erstes und in- sofern Weichen stellendes Urteil zum islamischen Kopftuch im Jahre 2001. Entsprechend der strikt säkular ausgerichteten Verfassung des Kantons Genf und mit der Interpretation, dass das Kopftuch ein »starkes religiöses Symbol« sei, was bereits das BG betont hatte, bestätigte der EGMR das Verbot als konform mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Die re- ligiösen Systemunterschiede zwischen den Kantonen der Schweiz und die Tatsache, dass die konkrete Lehrerin, Lucia Dahlab, relativ junge Kinder in der Primarschule unterrichtete, spielten im Ausgangsfall eine wesentliche Rolle. Seitdem scheint es aber in der Schweiz nicht zu weiteren Konfliktfällen um Lehrerinnen mit Kopftuch gekommen zu sein. Im Rahmen der Debatten politischer Parteien um die Integration von Muslimen und den Umgang mit dem Islam spielt das Thema bisweilen eine Rolle, allerdings ohne dass es zu Gesetzesanträgen oder größeren Konfrontationen gekommen wäre. In der Privatwirtschaft gab es zum Beispiel 2007 den Fall einer Verkäuferin bei ›Migros‹, der größten Supermarkt- und Handelskette der Schweiz, die ein Kopftuch tragen wollte. Die Geschäftsleitung von ›Migros‹ kam daraufhin zu dem Ergebnis, dass ein generelles Verbot der Religions- und Gewissens- freiheit widersprechen würde. Stattdessen wolle man den »Respekt vor der Andersartigkeit« (Affolter 2007) garantieren, gleichgültig, ob diese religiös,
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Der Stoff, aus dem Konflikte sind Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Titel
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Untertitel
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Autoren
Sabine Berghahn
Petra Rostock
Verlag
transcript Verlag
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-89942-959-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
526
Schlagwörter
Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
Kategorie
Recht und Politik
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