Seite - 19 - in Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
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EINLEITUNG
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Die Beiträge in diesem Band
Debattiert und reguliert werden in Europa zum Teil höchst unterschiedliche
Formen der Bedeckung. Dabei steht – mit Ausnahme der Türkei – die un-
bekannte aber vermutlich geringe Zahl an Kopftuchträgerinnen im Wider-
spruch zur Präsenz des Kopftuchs als Symbol in öffentlichen Diskursen.
Warum nun also eine weitere Veröffentlichung über die Kopftuchkontrover-
sen? Gedacht ist der vorliegende Sammelband als eine Intervention in die
deutschsprachige Debatte. Damit wird der Versuch gemacht, die vielfältigen
Positionen und Stellungnahmen zum Kopftuch in Deutschland und seinen
deutschsprachigen Nachbarländern zusammenzubringen und so die jeweilige
nationale Charakteristik der normativen Umgangsweise herauszuarbeiten. Ge-
rade dadurch, dass sich die Thesen der einzelnen Beiträge teilweise wider-
sprechen, erhoffen wir uns einen produktive(re)n Austausch hin zu einer Er-
weiterung der Perspektiven. Die verschiedenen Aufsätze können z.B. dazu
beitragen zu verstehen, wie die politisch-institutionelle Diskriminierung von
Kopftuchträgerinnen mit ihrer sozioökonomischen Position und mit stereo-
typen Geschlechterkonstruktionen verknüpft ist (Lepperhoff et al. 2008: 13).
Ähnlich aber verschieden?
Debatten und Regulierungen in Deutschland,
Österreich und der Schweiz
Trotz eines ähnlichen ›offenen‹ Verständnisses religiöser Neutralität des
Staates gehen Deutschland, Österreich und die Schweiz sehr verschiedene
Wege in der ›Kopftuchfrage‹: Sabine Berghahn charakterisiert Deutschland
als problematisches Beispiel einer Säkularitätsentwicklung, die höchst inkon-
sistent ist und einer politischen Doppelmoral zu folgen scheint. Zwar definiert
sich der deutsche Staat als säkular und religiös ›neutral‹, aber ›kooperativ‹
und offen gegenüber Religion(en) und Konfessionen. Diese ›Offenheit‹ der
proklamierten Neutralität des Staates gegenüber religiösen Ausdrucksformen
wird jedoch sogleich in Frage gestellt, wenn es um den Islam geht. Dabei
verdeutlicht der ›Kopftuchstreit‹ am deutlichsten die gesellschaftliche und po-
litische Kontroverse. Der Beitrag von Nora Gresch und Leila Hadj-Abdou er-
klärt die »paradoxe österreichische Konstellation«. Obwohl Österreich – wie
Deutschland – einem ›ethno-kulturellen Citizenship Regime‹ zuzuordnen ist,
keine Antidiskriminierungstradition aufweist und die Mehrheit der Muslime
und Musliminnen tatsächlich nur schwach durch politische oder zivilgesell-
schaftliche Gruppen repräsentiert ist, gilt die Kopftuchregulierung als eine der
tolerantesten in Europa. Trotz der expliziten Anerkennung muslimischer
Praxen, wie des Kopftuchtragens, sind muslimische Migranten und Migran-
tinnen vielfach von sozialer Ausgrenzung betroffen. Für die Schweiz, in der
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
- Titel
- Der Stoff, aus dem Konflikte sind
- Untertitel
- Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
- Autoren
- Sabine Berghahn
- Petra Rostock
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2009
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-89942-959-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 526
- Schlagwörter
- Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
- Kategorie
- Recht und Politik