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Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
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SABINE BERGHAHN 34 übertragen möchte. Vielerlei Verständnis-, Interpretations- und Argumenta- tionsdifferenzen tun sich bei diesem Unterfangen auf. Wenngleich die weibliche Bedeckung in der christlich geprägten Hemis- phäre nicht als religiöse Pflicht gilt, ist das Kopftuch doch auch in der abend- ländischen und Neuen Welt aus der Mode und der Sozial- und Geschlechter- ordnung nicht wegzudenken. Filmschauspielerinnen wie Grace Kelly und Audrey Hepburn und die viel gerühmten Trümmerfrauen der Nachkriegszeit kamen nicht ohne aus. Selbst auf der Bühne der internationalen Politik sind weibliche Kopfbedeckungen solcher Art nicht ungewohnt, denken wir an locker gelegte Schals von Indira Gandhi oder Benazir Bhutto oder auch – religions- und gegenwartsnäher – an Angela Merkel 2003 bei einer Papst-Au- dienz mit schwarzem durchsichtigem Schleier, den sie um Kopf und Hals gelegt hatte. Bei den genannten Beispielen geht es um modische, praktische und sozial-konventionelle Belange. Die Kopfbedeckung sieht chic aus, bietet Schutz vor Regen und Staub, symbolisiert kulturspezifische Schicklichkeits- normen oder eine weiblich-situative Demutshaltung, die etwa beim Besuch römisch-katholischer Kirchen in Südeuropa oder bei deren höchstem Wür- denträger, dem Papst, gefordert ist. Das muslimische Kopftuch und andere weibliche Verhüllungen, die unter Berufung auf den Koran getragen werden, stellen jedoch augenscheinlich mehr als nur Kleidungsstücke dar, wie sie in traditionellen sozialen oder christlich-klerikalen Zusammenhängen als Zugeständnis an überkommene Auffassungen von weiblicher Schicklichkeit getragen werden.1 Weil es hier um den Islam als eine dem Abendland angeblich ›fremde Religion‹ geht und weil die Motive der meist migrantischen Trägerinnen so vielfältig und in jün- gerer Zeit durchaus von Überzeugung geleitet sind, wittern viele Angehörige der deutschen Mehrheitsgesellschaft Ungemach. Sie sehen im Kopftuchtragen ein widerständiges und abgrenzungsbereites Verhalten von Fremden, die sich der jeweiligen Landes- oder ›Leitkultur‹ nicht anpassen wollen. Das Kopftuch wird dadurch zur Projektionsfläche. Es werden ihm Bedeutungen und Bot- schaften weit über die Rolle als religiös überlieferte soziale Verhaltensregel hinaus zugeschrieben. Der Zuschreibung wohnt bereits die Ablehnung und Missbilligung der vermuteten Motive inne, welche die Mehrheitsgesellschaft für gefährlich und insbesondere einer Lehrerin als Beamtin mit Vorbildrolle nicht für würdig hält. So steht das ›islamische Kopftuch‹ – anders als der Nonnenhabit oder die Kopfbedeckung Angela Merkels bei der Papstaudienz – im Verdacht, Symbol der Unterordnung von Frauen unter Männer (Schwarzer 2006; siehe auch den Rommelspacher und Berghahn/Rostock/Bendkowski in diesem Band), jedenfalls aber Ausdruck der strengen Geschlechtertrennung 1 Zu den unterschiedlichen Bedeutungen des Schleiers in Orient und Okzident siehe Braun/Mathes 2007.
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Der Stoff, aus dem Konflikte sind Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Titel
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Untertitel
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Autoren
Sabine Berghahn
Petra Rostock
Verlag
transcript Verlag
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-89942-959-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
526
Schlagwörter
Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
Kategorie
Recht und Politik
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