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Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
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DEUTSCHLANDS KONFRONTATIVER UMGANG MIT DEM KOPFTUCH DER LEHRERIN 35 zu sein (siehe auch Wiese in diesem Band). Zudem wird das Kopftuch als politisches Kampfsignal interpretiert, quasi als Türöffner für islamistische Propaganda (Schwarzer 2006). Diverse Untersuchungen haben ergeben, dass die zugeschriebenen Bedeu- tungen nicht oder ganz selten mit den Bedeutungen übereinstimmen, die die Trägerinnen selbst ihrem Kleidungsstück zuschreiben (Jessen/Wilamowitz- Moellendorff 2006; Karakasoglu 2003; Nökel 2002; Amir-Moazami 2007). Das ist auch Grundlage der Mehrheitsentscheidung des Bundesverfassungs- gerichts (BVerfG) im ›Kopftuchurteil‹ (siehe auch die Holzleithner, Monjezi Brown und Spielhaus in diesem Band). Zwar sind Kopftuch tragende Musli- minnen deutlich religiöser als ihre nicht muslimischen Altersgenossinnen, aber ansonsten unterscheiden sie sich nicht in ihren Einstellungen zu Gleich- berechtigung, Berufsorientierung, Demokratie usw. In dieser Diskrepanz zwischen Unterstellungen und tatsächlichen persön- lichen Motiven für das Tragen eines an sich harmlosen und auch im Abend- land gebräuchlichen Kleidungsstückes liegt jedoch offenkundig ein, wenn nicht überhaupt das Problem. Zwar kann vermutlich jedes Stück Stoff auch als Symbol für eine politisch und juristisch problematische Botschaft ver- wendet werden, man denke etwa an ein T-Shirt mit Hakenkreuzsymbol, selbst wenn es vordergründig als ›harmloses indisches Muster‹ deklariert würde. Jedoch ist das Kopftuch keineswegs von solcher eindeutigen und fatalen Aus- drucksqualität. Diese schlichte Quintessenz führt zu der normativen Frage, auf welche Weise gesellschaftlich, politisch und juristisch mit der Vieldeu- tigkeit des Kopftuchs umgegangen werden soll. Zunächst würde man vermu- ten, dass die Selbstbeschreibung einer liberalen Gesellschaft und ihrer de- mokratischen Rechtsordnung, nämlich freiheitlich und pluralistisch zu sein, die Richtung vorgibt: Die Folge wäre dann, dass es jede Person für sich selbst entscheiden muss, wie sie sich in Religion, Weltanschauung, in Geschlechter- verhältnissen und Sozialbezügen, in spiritueller Transzendenz und gesell- schaftlicher Immanenz selbst verortet, solange die Äußerungsformen sozial- verträglich sind, d.h. Andere in ihren Rechten und Freiheiten nicht mehr als zumutbar beeinträchtigen und nicht die liberale Ordnung selbst bedrohen. Je- doch zeigt sich sehr schnell bei der Betrachtung der deutschen Kopftuch- debatten und der restriktiven Regelungen in manchen deutschen Bundes- ländern zur Kopfbedeckung der Lehrerin, dass der liberale Pluralismus kei- neswegs so zustimmungs- und mehrheitsfähig ist, wie Verfassungen und Menschenrechtskonventionen das proklamieren. Heraufbeschworen wird stattdessen eine Konfrontation an Werten und Weltanschauungen, die sich po- lemisch als »Clash of Civilizations« (Huntington 1996) à la Samuel Hun- tington beschreiben lässt. Da von einem getragenen Kopftuch – selbst durch eine Lehrerin – keiner- lei Beeinträchtigung der zwischenmenschlichen Kommunikation im Alltags-
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Der Stoff, aus dem Konflikte sind Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Titel
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Untertitel
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Autoren
Sabine Berghahn
Petra Rostock
Verlag
transcript Verlag
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-89942-959-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
526
Schlagwörter
Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
Kategorie
Recht und Politik
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