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Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
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DEUTSCHLANDS KONFRONTATIVER UMGANG MIT DEM KOPFTUCH DER LEHRERIN 47 richte sahen sich mit einer doppelten Unklarheit der Gesetzesformulierungen konfrontiert: Zum einen musste der semantische Bedeutungsgehalt der ›Aus- nahmeklausel‹ herausgearbeitet, d.h. geklärt werden, ob diese Klausel auch Kleidung und Outfit von Lehrerinnen und Lehrern betreffen kann, und zum anderen war Stellung zur normativen Frage zu beziehen, ob – wenn es sich um eine mögliche Ausnahme zu Gunsten christlicher oder jüdischer Klei- dungsstücke handelt – die Privilegierung christlich-abendländischer Attribute mit der Pflicht zur Gleichbehandlung aller Religionen vereinbar ist. Das VG Stuttgart wendete in seiner Entscheidung vom 07.07.200618 die Argumentation des BVerwG, wonach sich die Klausel nicht auf religiös mo- tivierte Kleidungsstücke von Lehrkräften beziehe, auf die baden-württem- bergische ›Ausnahmeklausel‹ an. Es stellte daher fest, dass Schulbehörden die Klausel – entsprechend den Intentionen der Landesgesetzgebung – fälschlich als Ausnahmetatbestand zu Gunsten christlicher Kleidung, konkret des Non- nenhabits, anwendeten. Somit sah das VG Stuttgart in der Verbotspraxis gegenüber dem islamischen Kopftuch eine unstatthafte Ungleichbehandlung. Es sei daher nicht zu vereinbaren, dass an einer staatlichen Grundschule mit ausdrücklicher Billigung des beklagten Landes Nonnen in ihrem Ordenshabit allgemein bildende Fächer unterrichteten, während der Klägerin die religiöse Bekundung mittels Tragens ihres Kopftuchs untersagt werde. Der VGH Mannheim hob die Entscheidung des VG Stuttgart im März 2008 mit der Begründung auf, dass sich die muslimische Klägerin nicht auf das unbehelligte Unterrichten der Nonnen berufen könne, welches im übrigen ein »historisch bedingter Ausnahmefall auf einer einmaligen sondervertraglichen Grundlage« (VGH Mannheim v. 14.03.2008, Az. VGH 4 S 516/07, VBlBW 2008, 437 ff) sei. Selbst wenn hier ein ›Vollzugsdefizit‹ gegenüber den Nonnen vorläge, könnte die Muslima ›keine Gleichbehandlung im Unrecht‹ fordern. Da die Revision nicht zugelassen wurde, erhob die betroffene Leh- rerin, eine zum Islam konvertierte langjährig unterrichtende Pädagogin, ›Nichtzulassungsbeschwerde‹ zum BVerwG, die jedoch mit Beschluss vom 16.12.2008 zurückgewiesen wurde.19 Das oberste Verwaltungsgericht sah keine Einwände von grundsätzlicher Bedeutung, die nicht schon durch andere Entscheidungen widerlegt worden seien. Insbesondere hegte das Gericht auch keinerlei Zweifel daran, dass ein solches generelles Verbot religiös moti- vierter Kleidung, die erst als solche erkennbar wird, wenn die Trägerin ihre Motive darlegt, mit der EMRK, dem europäischen Antidiskriminierungsrecht und dem deutschen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vereinbar sei. Bezüglich der Referenzen auf christlich-abendländische Werte verwies das Gericht erneut auf seine Auslegung aus dem Jahre 200420 und interpre- 18 VG Stuttgart v. 07.07.2006, Az. 18 K 3562/05, NVwZ 2006, 1444 ff. 19 BVerwG v. 16.12.2008, Az. 2 B 46.08. 20 BVerwG v. 24.06.2004, BVerwGE 121, 140 ff.
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Der Stoff, aus dem Konflikte sind Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Titel
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Untertitel
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Autoren
Sabine Berghahn
Petra Rostock
Verlag
transcript Verlag
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-89942-959-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
526
Schlagwörter
Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
Kategorie
Recht und Politik
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