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Der Stoff, aus dem Konflikte sind - Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
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DEUTSCHLANDS KONFRONTATIVER UMGANG MIT DEM KOPFTUCH DER LEHRERIN 55 Beeinflussende Faktoren der politischen Gelegenheitsstruktur Die Regierungen der Bundesländer können sich systemgemäß auf entspre- chende parteipolitische und fraktionelle Mehrheiten im Landesparlament stüt- zen und so eigene Gesetzentwürfe in aller Regel durchsetzen. Zwar gab es in den Landtagen mitunter heftige Kontroversen zwischen Regierungs- und Op- positionsfraktionen um die geplanten Verbotsgesetze, zum Teil wurden im Gesetzgebungsprozess Rechtsgutachten eingeholt und umfangreiche Anhö- rungen von Expertinnen und Experten durchgeführt, so z.B. in Nordrhein- Westfalen (Landtag intern 2004/2006). Dabei kamen Stimmen der muslimi- schen Betroffenen allerdings nur geringfügig zur Geltung. Selbst wenn die Parlamentarier/innen zuvor ausführlich diskutiert hatten, so entsprach die letztendliche Verabschiedung der jeweiligen Gesetze nicht dem zuvor delibe- rativ inszenierten Beratungsverfahren der Entwürfe einschließlich der fach- lichen Anhörungen. Vielmehr kamen am Schluss die klassischen Mechanis- men der Mehrheitsfeststellung – nach fraktionellen Vorabsprachen und ent- sprechendem Abstimmungsverhalten entlang der Fraktionszugehörigkeit (mit ›Fraktionszwang‹) – zum Einsatz (siehe auch Henkes/Kneip und Sacksofsky in diesem Band). Im Vergleich mit den Entwicklungen in anderen europäischen Ländern fallen die beiden oben genannten Faktoren (BVerfG und Föderalismus) als bedeutsame Ursachen für den deutschen Verlauf der Regulierung aus dem Rahmen. Zwar sind bestimmte normative Richtungsentscheidungen für die Regelung der ›Kopftuchfrage‹ auch in anderen Ländern von Verfassungs- oder obersten Verwaltungsgerichten gefällt worden, so z.B. in der Türkei und der Schweiz, eine derartige, die gesetzgeberische Kompetenz überraschend ›umgestaltende‹ Rolle hat jedoch kein Gericht in einem anderen Land gespielt. Das entspricht der bekanntermaßen herausragend starken Stellung des BVerfG im bundesdeutschen politischen System (Berghahn 2009). Die Weitergabe der Entscheidungsmöglichkeit an die Bundesländer korrespon- diert zwar mit der starken Stellung der Bundesländer, vor allem aber mit ihrer Verstärkung in den letzten Jahren zum einen durch die gesetzgeberische Föderalismusreform von 2006 und zum anderen durch die dem vorausge- gangene Verstärkung von Länderkompetenzen durch das BVerfG selbst, man denke etwa an das Urteil zur Hochschulreform von 2002.33 Andere euro- päische Länder, namentlich Österreich und die Schweiz, sind ebenfalls Bun- desstaaten und praktizieren eine gesetzgeberische Arbeitsteilung mittels Fö- deralismus. In der Schweiz wird juristisch – und wurde insbesondere im Fall der Primarlehrerin Lucia Dahlab – durchaus auf das jeweilig festgelegte Staat- Kirche-Verhältnis für das Schulsystem des Kantons (Genf) abgestellt, jedoch 33 BVerfG v. 27.07.2004, BVerfGE 111, 226 ff.
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Der Stoff, aus dem Konflikte sind Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Titel
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Untertitel
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Autoren
Sabine Berghahn
Petra Rostock
Verlag
transcript Verlag
Datum
2009
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-89942-959-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
526
Schlagwörter
Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
Kategorie
Recht und Politik
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