Seite - 52 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
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vertheidigten Augsburg, auf dem Lechfelde wurde die denkwürdige Schlacht geschlagen,
welche für lauge Zeit über das Schicksal zweier Nationen entscheiden sollte. Vom Morgen
bis zum Abend dauerte der erbitterte Kampf, in welchem auch der mit Otto ausgesöhnte
Frankenherzog Konrad fiel. Die von Otto persönlich angeführten Reichstruppen erfochten
einen vollständigen Sieg (10. August 955). Die geschlagenen ungarischen Kriegshaufen
wurden auf der Flucht durch das Landvolk erfaßt und getödtet, die gefangeneu Führer
aber ließ der Baiernherzog Heinrich, Ottos jüngerer Bruder, in Regensburg hinrichten.
Durch den Sieg bei Augsburg befreite sich Deutschland von den Einbrüchen der
Ungarn; die geschwächte ungarische Kriegsmacht setzte von nun an nur noch im Orient
ihre gewohnten Einfälle eine Zeit lang fort und hatte mit dem letzten derselben 970
ebenfalls Unglück. Im Westen beschränkte sie sich auf den Schutz ihres eigenen Gebietes
und lieferte nur einzelne kleine Schlachten mit den Schritt für Schritt vordringenden
Deutschen. Die östliche Schutzbastei des Reiches, die 907 zerstörte östliche Mark-
grafschaft wurde noch zu Lebzeiten Ottos I. wieder hergestellt.
Die blutige Lectiou von Augsburg, welche die an fortwährende Kriegsabenteuer
und Beutezüge gewöhnten Magyaren vom Westen zurückdrängte, brachte auch in der Lebens-
und Denkweise der ungarischen Nation eine große Veränderung hervor und bereitete das
bisher zu Pferde inmitten von Kämpfen abenteuernde Steppenvolk anf die friedlichen
Beschäftigungen eines festen, seßhaften Daseins vor. Die Umwandlung konnte naturgemäß
uur laugsam vor sich geheu. Taks starb noch als Repräsentant des ungarischen National-
geistes, 972, nnd wurde nach heidnischem Gebrauch am Donau-Ufer bei der seiueu Namen
verewigenden Ortschaft Taksony zur Erde bestattet.
Doch kaum übernahm sein Sohn Geza die Leitung der Nation, so trat sofort
eine auffallende Wandlung in den politischen Verhältnissen Ungarns ein, welches bisher
den westeuropäischen Ideen verschlossen war, nun aber aus eigenem Antriebe seine Brust
dem Einflüsse des Kaisers, der deutschen, böhmischen und italienischen Geistlichkeit und jenen
Ideen, auf welchen die Kirche des Westens und der westliche Staat beruhten, zu öffnen
schien. Geza, den unsere Chronisten als gewaltthätig schildern, war von Machtbegierde
erfüllt, wollte der wirkliche Fürst seiner Nation sein, die in seinen Vorgängern nur
ihre ersten Führer gesehen, und schlug schonungslos jede Bewegung nieder, welche der
Erweiterung seines Machtkreises sich entgegenstellte. So riß er die Herrschaft über die
Nation an sich und war thatsächlich, wenn auch ohne den Titel, der König seines Volkes.
Zu seiner Zeit entschied nicht mehr die Nationalversammlung über Krieg und Frieden, nicht
mehr riefen die Herolde: „Es ist Gottes und des Volkes Gebot, daß Jedermann an dem
und dem Tage, an diesem und diesem Ort in Waffen erscheine"; uicht mehr wehte die
nationale Kriegsfahne mit dem einen gekrönten Falken darstellenden Wappen anf den
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch