Seite - 53 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
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Schlachtfeldern. Geza zerstörte die alte Verfassung, ohne eine neue zu schaffen, er brach
mit dem alten Glauben, ohne das Christenthum aufrichtig anzunehmen, die Kirche zu
gründen und zu organisireu. Er selbst hörte nicht auf, nach heidnischer Sitte zu opfern,
und erwiederte auf die Vorstellungen der Priester: „Ich bin reich und mächtig genug, dies
thun zu können." Die ersten Versuche, das Christenthum in Ungarn zu verbreiten, rühren
aus früherer Zeit her nnd wurden vom Orient aus gemacht. Aus byzantinischen Schrift-
stellern wissen wir, daß Bulcsü, der Oberrichter der Nation, 984, während seiner Gesandt-
schaft in Constantinopel daselbst in Gesellschaft eines Urenkels Ärpäds die Taufe empfing
und daß sein Beispiel sehr bald Nachahmung fand von Seiten Gyulas, eines Nachkommen
der sieben Stammhäuptlinge, der auch den zum Bischof von Ungarn geweihten Mönch
Hierotheus mit sich nach Siebenbürgen brachte. Wenn aber auch diese Versuche einigen
Erfolg hatten, so waren sie doch verschwindend klein gegen die späteren, durch die
oeeideutalische Kirche erzielten Resultate. Die ersten Apostel der abendländischen Kirche,
die unter Geza ihre Wirksamkeit in Ungarn ausübten, waren der Mönch Wolfgang aus
Einsiedeln und die Bischöse Pilgrin von Passau uud Adalbert von Prag. Ihr Einfluß
erstreckte sich jedoch nur auf einen kleinen Theil der Nation und konnte dem Christenthum
noch nicht den vollständigen Sieg über das Heidenthum gewährleisten.
Zur Begründung des ungarischen Staates war der im christlichen Glauben erzogene
Sohn Gezas, der wahre Apostel der ungarischen Nation, Stesan berufen, der noch
bei Lebzeiten seines Vaters Gisela, die Tochter des baierischen Herzogs Heinrich II., ans
kaiserlichem Geblüte zur Frau nahm nnd nach dem Tode seines Vaters mit der fürstlichen
Gewalt bekleidet wurde (997). Er begann das Werk, das er sich zur Lebensaufgabe gesetzt,
mit der ganzen Tiefe innerster Überzeugung, mit der ganzen Glut jugendlicher Thatkraft;
er wurde selbst mit Rath und That, mit Wort und Beispiel, mit milden uud strengen
Mitteln der Leiter, die belebende Seele der Bekehrung.
Die kirchliche und politische Neuerung Stesans, besonders seine Verordnung, daß
Jedermann seine christlichen Sclaven freizulassen habe, erregten Mißfallen bei den
Anhängern der alten Religion und Verfassung; diese haßten den fremden Einfluß und
blickten mit Abscheu auf die au Stefaus Hofe sich hervorthueudeu fremden Priester,
Ritter und Eindringlinge jeder Art. Die Fahne der Empörung pflanzte jenseits der Donau,
in der Somogy, der Nachkomme eines der sieben Stammhäuptlinge, Kopauy, Sohn des
kahlen Zirind auf. Stefan sammelte sein Heer in der Nähe von Gran, an den Usern des
gleichnamigen Flusses, wo ihu die deutschen Ritter Hunt und Päzmän, die Ahnen mehrerer
auch heute noch blühender ungarischer Magnatengeschlechter (wie der Forgäch; nnr die
Grafen Szentgyörgyi sind ausgestorben) nach deutscher Sitte zum Ritter schlugen. Seine
Truppen warfen unter der Führung Wenzelins von Wasserburg, Gründer des Geschlechtes
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch