Seite - 79 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
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haften Schwertes den Zauber der königlichen Autorität, um seine» Gegner zu besiegen.
Er ging unbewaffnet in das Lager der Aufrührer hinüber, führte seinen jüngeren Bruder,
zu dessen Vertheidigung Niemand das Schwert zu ziehen wagte, aus der Mitte der Auf-
ständischen heraus und ließ ihn in das Gefängniß werfen. Aber nicht lange darauf, als er
seinen Tod nahen fühlte, berief er ihn an seinen Hof und ernannte ihn zum Vormund
seines minderjährigen Sohnes Ladislaus III. (1204).
Die Königin-Witwe, welche sich neben dem den Thron begehrenden Vormund nicht
sicher fühlen mochte, flüchtete mit ihrem Sohne und der Krone nach Österreich, und schon
war Andreas gesonnen, seinen Mündel und die Krone mit bewaffneter Hand zurück-
zufordern, als durch den Tod des Kindes jede Kriegsursache entfiel. Andreas hatte endlich
das Ziel seiner Wünsche erreicht, er konnte die zurückgesandte Krone sich aufs Haupt
setzen (1205).
Andreas II. war der erste König, der bei seiner Krönung eidlich gelobte, daß er
die Rechte und Privilegien, sowie die Autorität der Krone unversehrt ausrechthalteu werde.
Nie konnte sich aber die Nation mit mehr Grund über die Verletzung ihrer Rechte und über
das Sinken der Macht und des Ansehens des Landes beklagen, als während seiner
dreißig Jahre andauernden, von Wirren erfüllten ruhmlosen Zeit.
Andreas wurde von seiner ehrgeizigen Frau, Gertrud von Meran, beherrscht, die
sich ungebührlicherweise in die Leitung der Staatsgeschäfte mischte, ihren Bruder, den
unwissenden Berthold, zu den Würden eines Kalocsaer Erzbifchofs, eines Bans von
Slavonien und schließlich eines Woiwoden von Siebenbürgen erhob, die fremden Günstlinge
mit Schenkungen uud Ämtern überhäufte und die Landeseinkünfte sich aneignete, um für
ihre Kinder Schätze zu sammeln und sie ins Ausland zu senden.
Als Andreas sich nach Galizien begab, um seineu jüngeren Sohn Koloman auf
den polnischen Thron zu setzeu, vertraute er die Regierung des Landes seiner Frau und, mit
Hintansetzung des Graner Erzbischofs und des Palatins, dem jüngeren Bruder der Königin,
dem verabscheuten Berthold an. Die Erbitterung wurde allgemein. Die Mißvergnügten
überfielen die verhaßte Königin und tödteten sie (1213).
Als Andreas aus Galizieu heimkehrte, fand er das Land in solcher Verwirrung,
die Gereiztheit gegen seine Regierung so allgemein verbreitet, daß er — nachdem der
Mörder der Königin, der Ban Petur, ohnedies bald nach der Verübnng der That getödtet
worden war — sich damit begnügte, die Güter einiger ins Ausland geslüchteteu Rädels-
führer des Aufstandes zu confisciren. Die Unzufriedenen, die schon gesonnen waren, die
Söhne Ge'zas, des nach Griechenland flüchtig gewordenen jüngeren Bruders Belas III.,
zur Besetzung des Thrones herbeizurufen, trugen sich jetzt mit der Absicht, Bela, den
minderjährigen Sohn Andreas', auf den Thron zu erheben. Der schwache Andreas wandte
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch