Seite - 88 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
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Auf dem Throne folgte ihm sein zehnjähriger Sohn Ladislans IV., den das Volk,
weil er von einer knmanischen Mutter stammte und mit den Knmanen Freundschaft hielt,
„Ladislaus den Kumauen" nannte. Ungarns Chroniken und Geschichtsschreiber klage» für
all das namenlose Elend, in welches das Land unter Ladislaus IV. achtzehn Jahre
dauernder, von steten Wirren und inneren Kriegen begleiteter Regierung versank, in
höchst ungerechter Weise den König allein an, der als unmündiges Kind jahrelang das
Scepter der Herrschaft nicht führen durfte und selbst im erwachsenen Alter kaum die Kraft
haben konnte, die Excesse der Großen, welche, der königlichen Autorität trotzend, die Gesetze
mit Füßen traten und fortwährend in Familienhader lebten, hintanzuhalten. Das Übel
der Parteiuugeu, welches zu jener Zeit sich durch das ganze Land verbreitete, war die
traurige Erbschaft der älteren Zwiftigkeiten des Königshauses, sowie der inneren Kriege
zwischen den älteren und jüngeren Prinzen.
Unter dem kindlichen Könige gelangten seine Mutter, die Kumauiu Elisabeth, und
deren Günstling, der slavonische Ban Joachim zur Macht; die Getreuen Stesans wurden
durch die Gegenpartei vom Hofe verdrängt. Schon vor der Krönung des Königs brach der
Parteikrieg aus, die Königin gerieth mit ihrem Sohne in Gefangenschaft, aber seine
Anhänger erstickten den Aufruhr und die geschlagenen Aufständische» flüchteten zu Ottokarll.,
der sie herzlich willkommen hieß.
Am königlichen Hofe übte neben der Königin-Mutter Elisabeth und neben Joachim
den größten Einfluß Heinrich von Güssing aus, der einstige Palatin Belas IV., der vor
der Rache Stefans V. zu Ottokar sich geflüchtet hatte, nnn aber, nach dem Thronwechsel
aus Böhmen zurückgekehrt, beim Hofe eine freundliche Aufnahme gefunden und für einen
Krieg gegen die Böhmen agitirte. Heinrich gerieth bald darauf in einen Conflict mit
dem Enkel Belas IV., dem Prinzen BKa, dem Schwager und geheimen Anhänger des
böhmischen Königs, dem Sohne des einstigen Machower Bans Rastislaw und seiner in
Prag residirenden Witwe Anna. Heinrich tödtete den Prinzen im Zweikampfe.
Ottokar II. beeilte sich, die Tödtuug seines Schwagers als Vorwand zum Beginne
eines Krieges zu nehmen, und brach, ohne sich um die Intervention desPapstes zu kümmern,
mit großer Macht ins Land, nahm Raab ein, zerstörte Neutra und ließ es plündern (1273).
Er stellte übrigens sofort den Krieg ein, der mit abwechselndem Glücke auf ungarischem
und mährischem Boden geführt wurde, und zog seine Truppen auf der Stelle aus Ungarn
zurück, als er vernahm, daß die Kurfürsten des deutschen Reiches in Frankfurt am Main
(29. September 1273) seinen Rivalen Rudolf von Habsburg zum römischen König
gewählt hatten.
Ottokar fühlte wohl, daß er mit dem deutschen Reiche den Kampf auf Leben und
Tod werde aufnehmen müssen, nm nicht die durch ihu besetzten deutschen Provinzen zu
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch