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übrigens unzweifelhaft, daß die Berathungen in den Reichstagsversammlungen, im
königlichen Rathe, bei den Gerichtsstühlen und in den häufigen Comitatscougregationen
schon wegen der überwiegenden Anzahl weltlicher Elemente, welche der lateinischen Sprache
nicht mächtig waren, in ungarischer Sprache geführt werden mußten.
Außer der „Leichenrede" aus dem XII. Jahrhundert ist nns zwar aus jener Zeit
kein zweites national-sprachliches Denkmal erhalten, dieses eine jedoch gibt ein genügendes
Zeugniß sür den damals bereits hochentwickelten und gereiften Zustand der ungarischen
Sprache. Ebenso ist ans den in den Chroniken vorhandenen Bruchstücken auf das Vor-
handensein einer national-epischen Dichtung zu folgern.
Die Baukunst faßte in Ungarn dnrch die Gründung von Kirchen und Klöstern
Boden und entfaltete sich später immer mehr durch die Errichtung von königlichen uud von
Adelssitzen, Burgen und Castellen. Monumentale kirchliche Bauten, durch deren Aus-
stattung auch die Blüte der Malerei, Scnlptnr und Goldschmiedekunst gefördert wurde,
begannen namentlich zur Zeit des byzantinisch gebildeten Bela III. immer häufiger zu
entstehen. Die Städte, diese Pflauzfchulen des Culturlebens, nahmen in dem ersten Königs-
zeitalter, namentlich zur Zeit Belas IV., der das Land mit Ansiedlern zu bevölkern suchte,
nicht nur an Zahl zu, sondern übten auch als Pflanzstätten und Mittelpunkte des Gewerbes,
des Handels und der Künste einen stets wachsenden Einfluß auf die Hebung der Landes-
wohlfahrt aus. Mit der Entwicklung des constitntionellen Lebens, dessen festeste Stütze selbst
in späteren Jahrhunderten die Goldene Bulle Andreas II. bildete, hielt auch die weitere
Entwicklung der Comitatsiustitution gleichen Schritt; das Comitat näherte sich stufenweise
der Verwirklichung des Ideals einer autonomen Jurisdiktion und verwuchs so innig mit dem
Leben der Nation, daß es später ein immer festeres Bollwerk der politischen Freiheit wurde.
Das Wavpen der Arpädenkönige.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch