Seite - 95 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
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entfernte, um den infolge der Ermordung des jungen Wenzel (4. August 1306) erledigten
böhmischen Thron in Besitz zu nehmen, war Karls Sache so tief gesunken, daß er sich nach
Kroatien zurückziehen mußte.
Aber auch des Gegenkönigs Otto Macht vermochte sich nicht zu befestigen, denn
die Oligarchen, welche die königliche Gewalt an sich rissen, Matthäus Csäk, der von der
March bis Komorn das nach ihm benannte „Matynsland" („Matthänsland") tyrannisch
beherrschte, die Omodes bei Kaschan, die Giissinger jenseits der Donau, Wojwode
Ladislaus in Siebenbürgen, waren nur dem Namen nach die Getreuen Ottos, in Wahrheit
aber trachteten sie blos darnach, ihre eigene Macht zu vermehren. Otto, durch die Curie
nicht anerkannt, dnrch den römischen König wegen seiner bei der Besetzung des böhmischen
Thrones gegen den österreichischen Herzog Rudolf erhobenen Opposition mit Krieg bedroht,
glaubte seinen schwankenden Thron dadurch stützen zu können, daß er um die Hand der
Tochter des mächtigen Siebenbürger Wojwoden anhielt. Der Wojwode Ladislaus ließ
dagegen, als Otto, um die Braut zu holen, nach Siebenbürgen kam, den gekrönten Werber
festnehmen und in die Bälvänyer Burg sperren. Er bemächtigte sich nun der Kroue, welche
Otto als sorgsam bewachte» Schatz mit sich führte (1307).
Nach der Gefangennahme Ottos nahmen die Dinge für Karl eine günstige Wendnng.
Ofen und seine Burg fielen durch einen blutigen Aufstand in seine Hände (1. Juni 1307)
und bald darauf bemächtigte er sich auch Stuhlweißeuburgs. Papst Clemens V. ernannte
im Interesse Karls den Cardinal Gentilis zu seinem Legaten in Ungarn, dessen Bewohner
von ihrem Treuschwur gegen Otto losgesprochen wurden. Otto selbst wurde vor die Curie
berufen (8. und 10. August 1307).
Diese Maßregel des Papstes mochte die Veranlassung gegeben haben, daß mehrere
der geistlichen und weltlichen Herren mit der Masse des Adels und des niederen Clerns
sich auf dem Räkosfelde versammelten und, nm doch endlich einmal der Ungarn mit
Vernichtung bedrohenden Anarchie ein Ende zu machen, den unter ihnen erschienenen
neunzehnjährigen Jüngling Karl Robert freiwillig zu ihrem Herrn und König erhoben,
ihm Treue schwuren und die Rückgabe der oecnpirten Güter des Königs und der Königin,
sowie die Wiederherstellung der Freiheit des unterdrückten niederen Adels beschlossen
(10. October 1307). So beabsichtigten sie dem vorzubeugen, daß der Papst dem Lande
einen König gebe, so wollten sie die Willkür Matthäus Csäks, der Güssiuger und des
Wojwoden Ladislaus strafen, die sich von dieser Versammlung ferngehalten hatten.
Otto entkam 1308 aus seinem Gefängnisse und dachte nicht mehr daran, sein
Anrecht auf den Thron zu behaupten, obgleich er den ungarischen Königstitel bis zu
seinem Tode führte, und so blieb Karl ohne jeden Rivalen, der auf den Thron Anspruch
erhoben hätte.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch