Seite - 212 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
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Fluß gegangen und auf der rechten Seite nur das Fußvolk geblieben, welches sich hinter
rasch aufgeworfenen halbfertigen Schanzen vertheidigte. Eugen führte gegen diese seine
Truppen. Seinen linken Flügel schob er läugs der Theiß in die Lücke zwischen den
Schanzen und dem Flusse und schnitt die in den Verschanzuugeu Befindlichen von der
Brücke ab, welche die beiden Ufer verband. Die dermaßen von vorn und von rückwärts
angegriffenen, festgehaltenen, umzingelten Türken wurden nach verzweifelter Gegenwehr
fast bis auf den letzten Mann niedergehauen. Die Reiterei rettete sich mit dem Sultan
in wilder Flucht nach Temesvär. In den Schanzen und in den Fluten der Theiß läge«
30.000 Türkenleichen (am 11. September 1697). Dies war der größte, der entscheidendste
Sieg des an Triumphen so reichen sechzehnjährigen Türkenkrieges, ein Sieg, durch
welchen die Befreiung Ungarns besiegelt wurde. Seither setzte die Pforte den Krieg nicht
mehr mit Energie fort. Nach nicht ganz anderthalb Jahren schloß sie auf fünfundzwanzig
Jahre den Frieden von Karlowitz (26. Jänner 1699), durch welchen Siebenbürgen uud
ganz Ungarn, ausgenommen das sogenannte „Bauat" und die syrmische, von der
Fruska Gora südlich, von dem Flüßchen Bossnt östlich gelegene, gegen Belgrad offene
Ebene an den ungarischen König zurückfielen. Bezüglich Tökölyis und der ungarischen
Flüchtlinge bestimmte dieser Friede, daß dieselben fern von den ungarischen Grenzen im
Innern der Türkei iuteruirt werden sollten. Und so geschah es auch. In Jsmid, dem alten
Nikomedien in Kleinasien, in einer schönen Maierei am Fuße der Gebirge, die „Blumen-
wiese" genannt, brachten der von der Gicht geplagte Tökölyi und Helene Zrinyi ihre
letzten Tage zu. Helene ging ihrem Manne im Tode voran (am 18. Februar 1703) uud
fand die ewige Ruhe in der Jesuitenkapelle zu Galata. Tökölyi folgte ihr zwei Jahre später
(am 13. September 1705). In seinem Testamente sprach er den Wunsch aus, daß seine
Gebeine nach Ungarn gebracht würden, wo man ihn in der evangelischen Kirche irgend
einer „königlichen Freystadt" begraben und auf seinem Sarge „zum Andenken ein Epitaph
und eine Fahne anbringen möge". Als er seine Augen schloß, loderte in Ungarn wieder
stärker als je die Flamme des Aufstandes anf, an dessen Spitze der Sohn der Helene
Zrinyi, Franz Räköezy II,, der Stiefsohn Tökölyis, stand.
Die Vernichtung der türkischen Herrschaft übte auf Ungarn nicht jene Wirkung aus,
welche vielleicht in der Mitte des XVI. Jahrhunderts eingetreten wäre, oder welche sie auf
uns ausübt, die wir — jetzt nach zweihundert Jahren — den Verlauf der türkischen
Herrschaft vollständig überblicken und ihre fluchwürdigen verheerenden Folgen ermessen
können. Was die christlichen Waffen damals zurückeroberten, war kaum noch Ungarn zu
nennen, es war meist verwüstetes, fremdgewordenes, theilweise kaum von Ungarn bewohntes
Land, obzwar in Bihar und jenseits der Donau, in Weißenburg, Tolna, Barauya, in
den Fußstapfen der christlichen Heere noch vor dem Karlowitzer Frieden das Eomitatswefen
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Band
- 5
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 22.5 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch