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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
Seite - 299 -
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299 Gemüthsart und Temperament des magyarischen Volkes. Das Temperament des Magyaren ist ein eigenthümliches Gemisch des Sanguinischen, Phlegmatischen und Melancholischen. Es ist leicht erregt, aber auch leicht besänftigt. Seinen Sangninismus bekundet die leicht erhitzbare Phantasie, die ihn oft der halben Welt Trotz bieten heißt und für Gefahren blind macht. Vor der Katastrophe von Mohäcs kantete sein Motto: „Mit unseren Siegelringen allein schlagen wir das ganze türkische Heer todt." Dieses Selbstvertrauen lebt auch in den Einzelnen; der magyarische Bursche, wenn er auf den Jahrmarkt zur Schlägerei geht, nimmt keinen Stock mit, denn er sagt: der Gegner wird schon einen haben! Dies ist auch die Grundlage seines Stolzes, keiner anderen Nation räumt er den Vorrang vor sich ein. Er ist stolz auf sein Ehrgefühl. Vor Zeiten (und auch nenerdings) gab sich der magyarische Edelmann als den stolzesten Mann der Welt, allein selbst der magyarische Bauer war Aristokrat und ist es auch heute, nicht nur unter anderen Racen, sondern auch unter sich, und schwerlich wohl gibt es irgendwo anders so viele Rangstufen in den Anredeformeln als bei dem Magyaren: kenci (Ihr, bäuerisch), (Deine Gnaden), ihu uram (mein jnnger Herr), uram (mein großer Herr), nem?etss ur (eiu Herr von Geschlecht, etwa: edelgeboren), tekintetes ur (ansehnlicher Herr), (Eure Größe, etwa: Euer Guaden), ineltüsÜFvs (Eure Würde, etwa: Erlaucht) und naK^meltüsÜAu (Eure große Würde — Excellenz), (gnädiger Herr); tis?teletes, tis?telenck6, naAvtiZ?teIktü, lvtisötelotü und kvtis^telsncko ur (die verschiedenen Abstufungen für Ehrwürden, Hochwürden und so fort), — und wer da etwas verwechselt, kommt kaum ohne Verdruß davon. Hinwiederum zeugt für die phlegmatische Neigung im magyarischen Volkscharakter jene ausdauernde Hingebung an irgend eine große Idee, die er einmal in sich aufgenommen; denn dazu bedarf es einer gefestigten Urtheilskraft, daß ein Volk imstande sei, mit der Vergangenheit völlig zu brechen und das für besser Befundene aufzunehmen, sich für das- selbe standhaft zu begeistern und dafür Opfer zu bringen, wie es der Magyare gethan hat, als er für den christlichen Glauben, dann für die Reformation, die konstitutionelle Freiheit und die nationale "Existenz und so häufig für den gekrönten König Gut und Blut opferte. Auch die Fähigkeit zur Selbstregierung, zur staatlichen Organisation bedingt das Phlegma, desgleichen die Achtung vor Verfassung und Gesetz, die Kraft, das allgemeine Interesse'über das Eigenbelieben zu stellen, das Befehlen- nnd Gehorchenkönnen. Ans ein phlegmatisches Temperament weist die Gelehrigkeit hin, der Eiser zu einfacher Religions- übung und das treue Familienleben. Das Nämliche ergibt sich aus der eonfessionellen „Das ist des Magyaren Art: Nimmer gibt sein Recht er preis. Doch sein Hemd selbst gibt er hin. Wenn man schön zu bitten weiß."
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Übersichtsband, Ungarn (1)
Band
5
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1888
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.41 x 22.5 cm
Seiten
532
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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