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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
Seite - 304 -
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804 Einzelne Familien von großer Ausdehnung halten so innig zusammen, daß sie durch gegenseitige Vorschubleistung ganze Comitate, Städte, Gemeinden sozusagen umspinnen, ja sich sogar über die Puszten erstrecken, uud zwar ist dies nicht nur bei den adeligen Classen der Fall. So gibt es ein Comitat, das wegen seiner Schafzucht berühmt ist und in dem das urwüchsige Geschlecht der Schafhirten eine so fest geschlossene Kaste zu bilden vermag, daß dort ein aus fremdem Comitate zugereister Schafhirt nicht einmal als Knecht Unterkunft findet; in diesen Bund hineinzuheiraten ist für den Fremden vollends unmöglich. Diese ganze Classe von Schafhirten, welche sich auf Tausende beläuft, steht unter einer eigenen Familien-Oberherrlichkeit, welche richtet, straft, belohnt, Stellen vergibt, Waisen und Kranke versorgt- nnd das Erworbene nach Verdienst vertheilt. Solche Familien- Disciplin geht dann stufenweise bis zu den Familien des Hochadels hinauf und bildet einen der stärksten Kitte, welche die magyarische Nation zusammenhalten. Zur Ergänzung des Familienlebens gehört noch die Gastfreundschaft, eine hervorragende Tugend des magyarischen Volkes. Das Hausthor des magyarischen Landwirthes steht immerdar offen, damit der Gast einkehren könne, und dem gern gesehenen Gaste nimmt man das Rad vom Wagen weg und versteckt es, damit er länger bleiben muß, mau kocht und bäckt ihm auch, was gut und theuer ist, man stopft ihn mit Speise und Trank, und wen» er vom vielen Essen die „magyarische Krankheit" bekommt, schmiert man ihm den Rücken, um den .esSinür" zu vertreiben, und steckt ihn in ein Federbett, und wenn er dann Abschied nimmt, füllt man ihm auch noch Schnappsack und Feldflasche mit Wegzehrnng. Und es ist niemals vorgekommen, daß ein magyarischer Hauswirth von dem Fremden, der bei ihm abgestiegen, Bezahlung angenommen hätte. „Iß, darbe nicht wie zu Hause!" — „Greifen Sie zu, essen Sie, es kommt nichts mehr nach." — „Er soll auch seine Weihnachten haben!" Das sind so stehende volksthümliche Redensarten, und hat dann die magyarische Hausfran den Gast todtgenöthigt und zu Schanden traktirt, bittet sie ihn noch um Verzeihung für den geringen Imbiß. Das Heim der Familie findet noch eine wichtige Ergänzung in der Küche. Sie ist auch keineswegs zu verachten. Der eigene Tisch ist selbst für den Stadtmenschen eine Sparkasse. Jede Frau ist ein Alchymist und kann auf ihrem Herde Gold kochen; in der Hand der guten Hauswirthiu liegt das Gedeihen des Hauses; „Heim" und „Heimat" sind die nämliche Idee. Die wohlzubereitete, schmackhafte Nahrung ist mit ein Grund dessen, daß der magyarische Stamm die größte Kriegstüchtigkeit und die ausdauerndste Arbeits- kraft besitzt. Denn der beste Hausarzt ist die Ehefrau und die beste Apotheke der Herd; sie heilen die Übel im vorhinein. Jedes Klima, jedes Volk, ja jedes Jahrhundert hat seine eigene Speiseregel. So auch jede Nationalität nnd Confession. Calvinist und Lutheraner fasten niemals; Papist
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Übersichtsband, Ungarn (1), Band 5
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Übersichtsband, Ungarn (1)
Band
5
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1888
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
16.41 x 22.5 cm
Seiten
532
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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